Wirtschaftspolitik

Streit um Nanoelektronik-Zentrum Dresden verschärft sich

Das städtische Nanoelektronikzentrum Dresden soll eigentlich Hightech-Ansiedlungen anlocken - doch es agiert seit Jahren defizitär und hinter der sanierten Fassaden lauert noch erheblicher Sanierungsbedarf. Foto: Heiko Weckbrodt

Das städtische Nanoelektronikzentrum Dresden soll eigentlich Hightech-Ansiedlungen anlocken – doch es agiert seit Jahren defizitär und hinter der sanierten Fassaden lauert noch erheblicher Sanierungsbedarf. Foto: Heiko Weckbrodt

Grüne kritisieren Wirtschaftsbürgermeister scharf für Dauerkrise im NanoZ, der weist Vorwürfe als „Wahlkampf-Getöse“ zurück

Dresden, 12. Mai 2015. Das städtische Nanoelektronik-Zentrum (NanoZ) in Dresden-Klotzsche befindet sich seit seiner Gründung im Jahr 2007 betriebswirtschaftlich in einer Dauerkrise. Die Linken, die SPD und die Bündnisgrünen im Stadtrat machen dafür Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) verantwortlich, der Oberbürgermeister in Dresden werden will. Das NanoZ stehe kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, müsse jetzt schon wieder mit einem Nachschlag aus der Stadtkasse gerettet werden, kritisiert Torsten Schulze von der bündnisgrünen Stadtratsfraktion. Zu klären sei, ob Hilbert sich hier der Insolvenzverschleppung schuldig mache und inwieweit städtische Gelder zweckentfremdet verwendet worden seien.

XFab will dem NanoZ Wasser abdrehen – nun muss Stadt neue Wasserleitung bezahlen

Dresdens amtierender OB Dirk Hilbert. Abb.: LHD Dresden

Dirk Hilbert. Abb.: LHD

Der Wirtschaftsbürgermeister wies diese Vorwürfe auf Oiger-Anfrage als „Wahlkampfgetöse“ zurück: Das Geld werde benötigt, weil recht kurzfristig Notreparaturen an den Häusern 5 und 7 sowie ein neuer Wasseranschluss notwendig geworden seien. In einem Zwischenbericht hätten Wirtschaftsprüfer dem Rathaus versichert, dass der Weiterbetrieb und weitere Investitionen in das NanoZ sinnvoll seien. Auch habe das Fraunhofer-Photonikinstitut IPMS ein klares Interesse daran bekundet, die unsanierten Häuser 5 und 7 des NanoZ’ zu übernehmen.

Nanozentrum war bisher vor allem eines: ein Millionengrab

Allerdings ist das NanoZ in der Tat ein Dauer-Sorgenkind für Dresden: Auf Initiative Hilberts hatte die Stadt Dresden 2007 beschlossen, ein Nanoelektronikzentrum in den ehemaligen Gebäuden der DDR-Mikroelektronikschmiede ZMD einzurichten, um dort Hightech-Ausgründungen aus Instituten und ansiedlungswilligen Elektronik-Investoren mundgerecht vorbereitete Betriebsflächen anzubieten. 4,4 Millionen Euro kostete der Ankauf der Altbauten damals, seitdem hat die Stadt rund zehn Millionen Euro dort hineininvestiert, außerdem flossen mindestens 7,4 Millionen Euro vom Land in das Projekt.

Ausbaukosten für Hightech-Ansiedlungen drastisch unterschätzt

Der Ausbau erwies sich jedoch als weit aufwendiger als gedacht. Der Aufwand wurde offensichtlich unterschätzt, um die Altbauten so herzurichten, dass sich Hightech-Unternehmen, die staub- und erschütterungsfreie Reinräume bevorzugen, dort einziehen wollen. Das Rathaus musste in der Folge Geld nachschießen, bis heute sind erst 63,5 Prozent der Flächen vermietet – zu wenig für einen kostendeckenden Betrieb durch die städtische Tochtergesellschaft „Nanoelektronik-Zentrum Dresden GmbH“. Während die Häuser 1 (3280 qm, zu 64 % vermietet) und 3 (3232 qm, 38 %) an der Maria-Reiche-Straße inzwischen zumindest in einem vorzeigbaren Zustand sind, sind die Häuser 5 (4155 qm, 82 %) und 7 (4224 qm, 70 %) noch unsaniert – und nur deshalb recht gut besetzt, weil sich dort die expansionswilligen benachbarten Fraunhofer-Institute eingemietet haben.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (links) lässt sich von Suragus-Chef Marcus Klein erklären, wie das Dresdner Unternehmen Karbon-Leichtbauteile mit Stromwirbeln untersucht. Foto: Heiko Weckbrodt

Erst kürtlich hatte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (links) das Nanoelektronikzentrum Dresden besucht und sich von Suragus-Chef Marcus Klein deren Karbon-Prpftechnik erklären lassen – wohlgemerkt im Haus 1, das schon saniert ist. Foto: Heiko Weckbrodt

Stadt muss noch mal 336.000 Euro nachschießen

Und immer wieder wurden und werden Nacharbeiten nötig: Im Haus 3 beispielsweise musste nachträglich ein Fahrstuhl eingebaut werden, um den Mietern entgegenzukommen. Auch hat die XFab Erfurt, die die früheren ZMD-Produktionsreinräume übernommen hatte, nun laut Hilbert angekündigt, dem NanoZ zum 30. Juni 2015 den Wasserhahn zuzudrehen. Daher musste Hilbert nun den Stadtrat bitten, weitere 336.000 Euro nachzuschießen, damit eine neue Wasserleitung gebaut werden kann. Denn die Hausbank gibt dem NanoZ keine neuen Kredite mehr und das Basis-Kapital der Gesellschaft ist längst aufgebraucht.

Grünen-Stadtrat: Wir fühlen uns hinters Licht geführt

Torsten Schulze (Grüne). Foto: Fraktion

Torsten Schulze (Grüne). Foto: Fraktion

Ein unhaltbarer Zustand, der nun schon Jahre anhalte, wie Grünen-Stadtrat Torsten Schulze kritisiert: „Wir fühlen uns von Herrn Hilbert ganz schlecht informiert, ja hinters Licht geführt“, sagte er im Oiger-Gespräch. Jedes andere Unternehmen, das acht Jahre nach der Gründung immer noch nicht kostendeckend arbeite, sei ein Fall fürs Insolvenzgericht.

Besser Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende

Zwar habe sich die neue rot-grün-rote Mehrheit im Stadtrat nicht darauf festgelegt, Hilberts „Spielweise“ den Geldhahn zuzudrehen, aber eine Warnung schwingt jedenfalls mit, wenn er sagt: „Manchmal mag ein Ende mit Schrecken besser sein als Schrecken ohne Ende.“

Hilbert: Wirtschaftsprüfer sehen Zukunft für Nanoelektronik-Zentrum

Das allerdings hält der Wirtschaftsbürgermeister für das falsche Signal: Direktor Prof. Hubert Lakner vom Fraunhofer-IPMS und dessen Kuratorium habe deutlich erklärt, Interesse an einer Übernahme der NanoZ-Häuser 5 bzw. 7 zu haben, damit sich das Photonikinstitut weiterentwickeln kann. Die Einnahmen aus dem Hausverkauf würden das Nanoelektronikzentrum dann aus dem Schneider holen.

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Für den Fall, dass die Fraunhofer-Gesellschaft in München oder andere Finanziers dafür kein Geld bereit stellen sollten, hat Hilbert den Wirtschaftsprüfer, die derzeit das NanoZ untersuchen, einen Zusatzauftrag erteilt: Sie sollen auch einen Plan B auszuarbeiten, welche Investitionen in die Sanierung und Reinraum-Einbauten in den Häusern 5 und 7 nötig wären, um sie in einen für Hightech-Mieter attraktiv zu machen. Eine Zwischenempfehlung hätten die Prüfer bereits abgegeben, betonte Hilbert: Es lohne sich, das NanoZ in städtischer Regie weiterzuführen und auch weitere Investitionen zu tätigen, statt es zu schließen.

Rot-Grün-Rot will Schuldige präsentiert sehen

Die rot-grün-rote Stadtratsmehrheit will nun aber Nägel mit Köpfen: In einem Antrag an das Plenum fordern sie, dass Hilbert „unverzüglich“ einen konkreten und langfristigen Finanzierungsplan für das NanoZ vorlegt – und die Schuldigen für die Dauerkrise nennt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt