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The Homesman: Schroff, tapfer, verzweifelt

Nur der Deserteur George Briggs (Tommy Lee Jones) hilft - nicht ganz freiwillig - der einsamen Farmerin Mary Bee Cuddy (Hilary Swank), drei irrsinnige Frauen zurück nach Osten zu bringen. Foto: Universum

Nur der Deserteur George Briggs (Tommy Lee Jones) hilft – nicht ganz freiwillig – der einsamen Farmerin Mary Bee Cuddy (Hilary Swank), drei irrsinnige Frauen zurück nach Osten zu bringen. „The Homesman“ widersetzt sich dabei klassischen Western-Konventionen. Foto: Universum

Grandioser Western von Tommy Lee Jones nun auf DVD

Nebraska in den 1860ern: Angelockt von den Versprechungen der Regierung beginnen Einwanderer aus aller Herren Länder, das Indianerland an sich zu reißen, es urbar zu machen, zu pflügen und zu züchten. Doch nicht alle sind dem kargen Leben fern aller Zivilisation gewachsen: Drei Frauen (Miranda Otto – „Herr der Ringe“, Grace Gummer und Sonja Richter) verzweifeln an persönlichen Schicksalsschlägen, Gewalt und dem elenden Leben in der Ödnis, werden im wörtlichen Sinne wahnsinnig.

Die alleinstehende Farmerin Mary Bee Cuddy (Hilary Swank, „Million Dollar Baby“) zieht das Los, die ausgestoßenen Ehefrauen zurück an die Ostküste zu bringen, quer durch die gefährliche Prärie in einem klobigen Kastenwagen. Allein der Tunichtgut George Briggs (Tommy Lee Jones, „Lincoln“, „Captain America„) ist bereit sie zu begleiten – und das auch nur, weil Mary Bee den Deserteur und Landräuber vorm Galgenbaum rettet und ihm 300 Dollar verspricht. Gekonnt erzählt wird diese spröde Geschichte in „The Homesman“, der nun auf DVD erschienen ist.

Video (Universum):

Zurückgeworfen vor die Neuzeit

Tommy Lee Jones ist hier Hauptdarsteller und Regisseur in einem, versteht es aus jahrzehntelanger Filmerfahrung heraus einfach grandios, aus einer einfachen, im Grundsatz linearen Geschichte ganz großes Kino zu machen: schörkellos, fern aller Opern-Attitüde klassischer Western und in Landschaftsbildern von hoher photografischer Qualität. Zugleich beleuchtet er einen Aspekt der Westexpansion der Vereinigten Staaten, der bisher nur selten (ein Beispiel: „Erbarmungslos“ von Clint Eastwood) in US-Western eine Rolle spielte: Die Rolle der Frauen in einer konventionen-verschnürten Gesellschaft, die, gerade erst in die Moderne aufgebrochen, beim Zug gen Westen sozial wieder auf eine Art Mittelalter zurückgeworfen wird.

Vor faszinierenden Naturkulissen des "Wilden Westens" gedreht: "The Homesman" erzählt von einer kräftezehrenden Reise zurück gen Osten, in die "Zivilisation". Foto: Universum

Vor faszinierenden Naturkulissen des „Wilden Westens“ gedreht: „The Homesman“ erzählt von einer kräftezehrenden Reise zurück gen Osten in die „Zivilisation“. Foto: Universum

Prägnant füllt insbesondere Hilary Swank die Rolle einer „Macherin“ aus, die ähnlich wie ihre Schutzbefohlenen letztlich doch an Zurückweisung und Absenz intellektueller und kultureller Impulse in der natürlichen wie sozialen Wildnis des Westens verzweifelt.

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Fazit: Großes Kino

Obwohl an den deutschen Kinokassen nicht gerade üppig honoriert, hat Tommy Lee Jones hier eine Perle des neuen Western hervorgebracht. „The Homesman“ mag manchmal etwas schroff, ja auf den ersten Blick in seiner Erzählweise etwas verwirrend wirken, aber gerade dies macht – neben tollen schauspielerischen Leistungen und sehr schönen Landschaftsaufnahmen – den besonderen Reiz dieses Films aus, den Jones selbst gar nicht als Western bezeichnet sehen will, sondern vielmehr als Werk über die Geschichte der USA. Mehr über die Sicht von Regisseur und Mimen auf dieses faszinierende Opus kann man übrigens in der Bonussektion der DVD erfahren, die über eine Stunde Zusatzmaterial enthält, vor allem Interviews und Produktions-Dokus.

Der Außenseiter bleibt sich treu – und pfeift auf unsere Erwartungen

Vor allem aber ist Jones hoch anzurechnen, dass er die üblichen, ausgeleierten dramaturgischen Pfade verlässt. So verzichtet er beispielsweise auf die ausgelatschte und bestens bekannte Läuterung des Antiheldens zum „Guten“: Der bleibt seinem Lebens-Credo eben treu, egal, ob politisch nun korrekt oder nicht. Wer bitte hat vorgeschrieben, dass ein Film so enden muss, wie es der Hollywood-Happy-End-Sozialisierte zwangsläufig erwartet…? Autor: Heiko Weckbrodt

Abb.: Universum

Abb.: Universum

The Homesman“ (Universum), Western, USA 2014, Regie: Tommy Lee Jones, mit Hilary Swank, Tommy Lee Jones, Hailee Steinfeld („Ender’s Game„) u. a., 118 Minuten (Hauptfilm) plus 70 min. Bonusmaterial, FSK 16, DVD 13 Euro, Bluray 15 Euro

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt