Wirtschaft

Heiße Blitzer aus Sachsen für die Nanotechnologen

Blitzlicht in der Vakuumkammer Foto: DTF

Foto: DTF

Ursprungstechnologie wurde vor 30 Jahren in Dresden-Rossendorf für Honeckers Megabitchip entwickelt

Dresden/Rom, 21. April 2015. Sächsische Ingenieure haben ein Kernproblem für die Massenproduktion biegsamer Bildschirme gelöst: Die Dresdner Firma „DTF Technology“ macht Nanosubstrate mit Xenon-Blitzlichtern so heiß, dass diese elektronisch werden und zu Displays weiterverarbeitet werden können – ohne die superdünnen Gläser und Folien darunter in der Hitze kaputt gehen. Für ihre Entwicklung bekamen die Sachsen dieser Tage auf einer Investorenkonferenz in Rom eine Auszeichnung – und viele Elektronikunternehmen aus Korea und Japan kaufen bereits fleißig die ersten Pilotanlagen aus Dresden ein.

DTF im Netz zwischen Mikroelektronik und Forschung in Dresden

„Es ist schon faszinierend, dass eine Technik, die ursprünglich für einen ganz anderen Zweck in der Mikroelektronik entwickelt wurde, nun so neue Perspektiven in der Display-Industrie eröffnet“, meint DTF-Chef Dr. Thoralf Gebel. Insofern profitiere die DTF, die er gemeinsam mit Dr. Harald Liepack leitet, immer wieder von der traditionell engen Verflechtung von Mikroelektronik und Forschung am Standort Dresden.

Der ostdeutsche Megabit-Chip vom ZMD. Abb.: hw

Der ostdeutsche Megabit-Chip vom ZMD. Abb.: hw

Denn die Basistechnologie für die heißen Blitze wurde ursprünglich vor über 30 Jahren im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf entwickelt –für das Megabitchip-Projekt, auf das SED-Chef Erich Honecker damals so stolz war. Den Speicher-Chips „Made in GDR“ war zwar wie der DDR dann keine große Zukunft mehr beschieden. Doch die damaligen Forschungsergebnisse wirken bis heute nach.

Von der Zeitenströmung auf den Promigberg

Im Jahr 2009 taten sich nämlich drei Experten aus dem Dunstkreis des sächsischen Sondermaschinenbaus zusammen und gründeten die „Dresden Thin Film Technology GmbH“ (DTF) in einem alten Industriekomplex im Dresdner Norden, gleich hinter der „Zeitenströmung“. Neben anderen Vakuum-Beschichtungsverfahren besannen sie sich auch auf die Xenon-Blitzerhitzer der 1980er Jahre und entwickelten diese Technologie immer weiter. Ende 2012 war die Firma bereits so gewachsen, dass sie in der Weixdorfer Gewerbegebiet Am Promigberg umziehen musste, um weiter wachsen zu können. Mittlerweile macht die Technologiefirma rund drei Millionen Euro Jahresumsatz und hat 20 Mitarbeiter.

In Reihe geschaltet, sollen die Blitzlichter eine schnelle Rolle-zu-Rolle-Beschichtung von biegsamem Glas sichen. Visualisierung: DTF

In Reihe geschaltet, sollen die Blitzlichter eine schnelle Rolle-zu-Rolle-Beschichtung von dünnem Glas für biegsame Displays sichern. Visualisierung: DTF

Biegsames Glas für die Bildschirmindustrie

Und helfen soll bei diesem Wachstum eben vor allem auch die neue Blitztechnologie. Die nämlich löst ein Problem, mit dem Nanotech-Ingenieure weltweit noch kämpfen, wenn sie ultradünne Gläser und Folien mit elektronischen Schichten versehen wollen, um sie dann zum Beispiel zu biegsamen Bildschirmen für Fernseher, Smartphones oder intelligente Armbänder weiterzuveredeln zu können: Die Gläser und Folien sollen möglichst schnell im Rollenverfahren durch die Anlagen gezogen werden, um auf wirtschaftliche Produktionszahlen zu kommen – vertragen andererseits aber nur sehr schlecht die hohen Temperaturen jenseits von 700 Grad, die nötig sind, um die oberste Kontaktschicht zurecht zu schmelzen.

Ganz kurz wird’s ganz heiß für das dünne Glas

Thoralf Gebel. Foto: DTF

Thoralf Gebel. Foto: DTF

Statt auf Öfen und langwierige Erwärmungs- und Abkühlverfahren setzt die DTF-Technologie daher auf Xenon-Lampen, die nur die Nano-Oberfläche der Substrate binnen Millisekunden auf Hitzewallungen hochblitzen, so dass das dünne Glas keinen Schaden nimmt und sehr rasch wieder abkühlt. „Außerdem spart unser Verfahren bis zu 80 Prozent der sonst eingesetzten Energie“, betont Gebel.

Blitzer gibt’s bisher nur für Labore

Eine Pilotproduktion mit kleinen Blitzer-Anlagen für Entwicklungslabore ist bereits in Dresden gestartet, vor allem asiatische Elektronik- und Display-Unternehmen gehören zu den Abnehmern. Derweil verfeinern die DTF-Ingenieure das Verfahren weiter. Dabei kooperieren mit dem heutigen Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und dem auf biegsame Gläser und OLEDs spezialisierten Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik, dem FEP Dresden.

Internationale Vermarktung rollt an

Im nächsten Schritt wollen die Sachsen in eine höhere Liga aufsteigen und ihre Superblitzer auch in großen Maßstab fertigen – und auch international vermarkten, vor allem auch in Asien, wo die richtig großen Bildschirm-Konzerne sitzen. Wenn sich die Erfolgssträhne so fortsetze wie bisher, werde das Unternehmen seine Belegschaft in den nächsten Jahren wohl verdoppeln, kündigte Gebel an. Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Dresden Nano-Firmen in Rom ausgezeichnet

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt