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Wirtschaft enttäuscht von WLAN-Gesetz

Ab Sommer 2015 gibt es kostenloses WLAN in der Dresdner Innenstadt. Fotos: Christoph Münch, LHD, Heiko Weckbrodt, Montage: Heiko Weckbrodt

Fotos: Christoph Münch, LHD, Heiko Weckbrodt, Montage: Heiko Weckbrodt

Verbände: Bundesentwurf schafft Barrieren statt Chancen für mehr Gratis-WLAN in Deutschland

Berlin/Hannover, 16. März 2015: Nach dem Internet-Wirtschaftsverband „eco“ hat sich auch der IT-Mittelstandsverband „BITMi“ enttäuscht über den neuen WLAN-Gesetztentwurf aus Sigmar Gabriels (SPD) Wirtschaftsministerium geäußert. „Die Energie der Bundesregierung geht mit diesem Gesetz erneut in die falsche Richtung“ kritisierte BITMi-Präsident Oliver Grün. „So entstehen unzählige Barrieren statt Chancen. Von einem kostenlosen, umfassenden WLAN für alle kann keine Rede sein.“

Deutschland gilt als Hotspot-Entwicklungsland

Die Bundesrepublik gilt in puncto öffentliche Internetzugänge per WLAN-Funk im Vergleich zu vielen anderen Staaten nahezu als Entwicklungsland. Ein wichtiger Grund dafür sind die vielen Datenschutz- und Urheberrechts-Schutzregeln, die es für Cafés, Restaurants und viele andere kommerzielle Anbieter sehr schwierig machen, gesetzeskonform Gratis-WLAN anzubieten. Gratis-WLAN-Anbieter wie „Starbucks“ sind eher die Ausnahme als die Regel in Deutschland. Die bisherige Gesetzeslage sollte vor allem verhindern, dass Nutzer über solche WLAN-Sender zum Beispiel anonym illegale Tauschbörsen für Filme, Musik und Software nutzen. In der Praxis hat diese Rechtslage aber dazu geführt, dass die WLAN-Abdeckung in Deutschland weit hinter internationalen Standards zurückgeblieben ist.

Entwurf soll eigentlich Gratisinternet-Angebote in Cafés erleichtern

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte nun in der vergangenen Woche einen Änderungsentwurf für das Telemediengesetz veröffentlicht, der dafür sorgen soll, dass in Zukunft in Deutschland mehr öffentliche WLAN-Hotspots eingerichtet werden. „Mit der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung ist auch das Bedürfnis nach einem öffentlichen Zugang zum Internet unter Nutzung drahtloser lokaler Netzwerke (Wireless Local Area Network– WLAN) gestiegen“, heißt es durchaus einsichtsvoll im Referentenentwurf für das WLAN-Gesetz. Der zielt im Kern darauf, das sogenannte „Provider-Privileg“ auch auf „Innenstädten, Cafés, Flughäfen und Wartebereiche im Allgemeinen“ auszudehnen. Sprich: Wenn diese kommerziellen oder öffentlichen WLAN-Anbieter bestimmte „Sorgfaltspflichten“ erfüllen, werden sie wie die großen Telekommunikationskonzerne (Provider) von der „Störerhaftung“ für Rechtsverstöße der WLAN-Nutzer ausgenommen.

Viel Bürokratie erwartet

Gerade an diesen Sorgfaltspflichten stoßen sich aber die Wirtschaftsverbände. „Privatpersonen werden vor einen enormen bürokratischen Aufwand gestellt, wenn sie als Betreiber privater WLANs auf Nachfrage die Namen von Mitnutzern nennen können müssen, denen sie ihr Netz zur Verfügung gestellt haben“, nennt der BITMi beispielhaft einen der Kritikpunkte. Ähnlich sieht das auch der eco-Verband. „Der Gesetzentwurf bleibt leider hinter unseren Erwartungen zurück“, erklärte Rechtsvorstand Oliver Süme. „Ich bin skeptisch ob die vorgeschlagene Regelung tatsächlich zu einer Verbesserung der Rechtssicherheit für WLAN Betreiber führt.“

Auch in Dresden WLAN-Vorstöße

Auch in Dresden zum Beispiel gab und gibt es mehrere Versuche, Netze aus öffentlichen, kostenlosen WLAN-Sendern (Hotspots) aufzubauen. Die entsprechenden Sender von Kabel Deutschland (KD) sind allerdings dünn in der Innenstadt gesät und auf eine halbe Gratis-Stunde pro Tag beschränkt. Allerdings kann sich KD als Internet-Kabelanbieter auf das bereits geltende Provider-Privileg berufen. Die Freifunk-WLAN-Sender der Piraten wie auch das kostenlose WLAN des Bürgernetzes (im WTC) sind über Pilotprojekte kaum hinausgekommen. Derweil planen die Tourismus-Vermarkter der DIG ein größeres WLAN-Netz in Dresden. Dessen Aufbau hat sich aber mehrfach – auch wegen rechtlicher Probleme – verzögert. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt