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Online-Medien müssen gegen Trolle einschreiten

Grafik: hw

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Presserat: Redaktionen für Ethikverstöße in Nutzerkommentaren verantwortlich

Berlin, 13. März 2015: Online-Redaktionen müssen dafür sorgen, dass Nutzerkommentare auf ihren Internetseiten nicht gegen Presserecht und journalistische Ethik verstoßen, sprich: Sie sind verpflichtet, zum Beispiel beleidigende Kommentare von Online-Trollen zeitnah sperren. Das hat der Deutsche Presserat in einer Novelle seiner Richtlinien für Journalisten gefordert.

„Die Überarbeitung des Pressekodex war notwendig, da durch spezifische Erscheinungs- und Veröffentlichungsformen in Online-Medien neue presseethische Fragestellungen aufgeworfen werden“, erklärte Presserats-Sprecher Tilmann Kruse die Änderung des Pressekodex’. „Mit den neuen Richtlinien trägt der Presserat den Entwicklungen im Online-Bereich Rechnung.“

Nutzergenerierte Inhalte müssen als solche erkennbar sein

Laut geändertem Pressekodex müssen Online-Redaktionen nutzergenerierte Inhalte – also in aller Regel vor allem Kommentare – als solche kenntlich machen und von eigenen Artikeln abgrenzen. Vor allem aber müssen die Redaktionen Kommentare sperren, die gegen die Presseethik verstoßen, sobald sie davon Kenntnis erlangen (Interpretation: also in der Regel wohl binnen eines Tages). Werden Kommentare auf einem Portal grundsätzlich erst nach Sichtung freigeschaltet, gilt diese journalistische Sorgfaltsregel bereits vor der Freischaltung. Laut laufender Rechtsprechung führen rechts- und ethikwidrige Online-Kommentare noch nicht automatisch zur einer Haftung der Portalbetreiber. Diese müssen aber „in zumutbarem Umfang“ dafür sorgen, dass solche Kommentare zeitnah offline geschaltet werden.

Als Verstöße gegen die journalistische Ethik gelten beispielsweise unprovozierte grobe Beleidigungen anderer Menschen oder Menschengruppen (Beispiel: abfällige Neger- oder Zigeuner-Witze), ganz offensichtlich falsche Tatsachenbehauptungen, offensichtliche Schleichwerbung, Verstöße gegen die Menschenwürde und dergleichen mehr. Im Pressekodex im Internet findet man dazu (nichtabschließende) Hinweise.

Presserat ist freiwillige Selbstkontrolle

Der Presserat ist ein freiwilliges Selbstkontrollorgan der deutschen Presse. Dessen Kodex ist zwar nicht mit einem regulären Gesetz gleichzusetzen, sondern eher eine Richtlinie, wird bei Einzelfallentscheidungen in presserechtlichen Prozessen aber oft von den Richtern berücksichtigt. In welchem Maße der Pressekodex auch auf Blogs anwendbar ist, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. In aller Regel kann man aber davon ausgehen, dass eine regelmäßige Online-Berichterstattung zu aktuellen und/oder politischen Themen mit journalistischem Anspruch, soweit für den Leser erkennbar, zu einer Anwendbarkeit des Presserechts und des Pressekodex’ führen kann. Ein werbender Blog, der für den Leser erkenntlich kommerziell Produkte oder ein Unternehmen bewirbt (zum Beispiel reine Affiliate- oder Unternehmens-Blogs), wird wohl in aller Regel nicht als journalistisch einzustufen sein. Autor: Heiko Weckbrodt

Hinweis: Dies ist keine Rechtsberatung, sondern lediglich ein Bericht über aktuelle rechtspolitische Entwicklungen. Im Zweifelsfall sollte man stets einen spezialisierten Anwalt konsultieren.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt