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Die neuen Spartaner der Großstadt

Elektronik-Student Tom-Edgar Krmela wuchtet beim Calisthenics-Training den Ex-Soldaten Alexander Schneider in die Höhe. Foto: Heiko Weckbrodt

Elektrotechnik-Student Tom-Edgar Krmela wuchtet beim Calisthenics-Training den Ex-Soldaten Alexander Schneider in die Höhe. Foto: Heiko Weckbrodt

US-Sporttrend „Calisthenics““ findet auch in Dresden mehr und mehr Anhänger

Dresden, 16. Dezember 2014: Spätestens seit der umstrittenen, aber sehr erfolgreichen Comic-Verfilmung „300“ ist gar vielen wohlstandsbäuchigen Stubenhockern und Bürohengsten eingefallen, dass es doch schön wäre, auch so einen Waschbrett-Leib wie die spartanischen Superkrieger der Antike zu haben. Dass das auch ganz ohne sauteuren Jahresvertrag im Fitness-Studio, sondern mit weitgehend gerätefreiem Training im Freien möglich ist, beweisen seit einiger Zeit die „CityBarz“: Ähnlich wie sich viele Chinesen bis heute in Peking und anderen Großstädten in Grünanlagen morgens mit Schattenboxen fit halten, trainiert die erste Dresdner „Calisthenics“-Gruppe bei Wind und Wetter in den Parkanlagen dieser Stadt – und erfreut sich eines enormen Zulaufs.

Vorbild Sparta: Krafttraining ohne Geräte, nur mit dem eigenen Körper

Das Vorbild von „CityBarz“ sind die Leibesübungen der antiken Spartiaten, die im Felde auch keine Turnhallen zur Verfügung hatten. Haupttrainings-Gerät ist hier das Gewicht des eigenen Körpers, allenfalls noch ein paar Baugerüst-Stangen oder Laternenpfähle, im besten Falle findet sich auch ein Reck. „Beim klassischen Fitness-Training mit Geräten im Studio werden die Muskeln eher künstlich aufgepumpt. Viele Body-Builder sehen daher zwar muskulös aus, schaffen aber keinen einzigen Klimmzug“, ist „CityBarz“-Gründer Alexander Schneider überzeugt. „Wir dagegen trainieren auf eine natürliche Weise und bauen damit alte Muskelgruppen auf, die bei Menschen und Primaten schon immer wichtig waren.“ Beeindruckend sieht dieser Sport in der Praxis auf jeden Fall aus: Wie die Muskelmänner da ihre Körper mit bloßer Armkraft waagerecht oder diagonal in der Luft schweben lassen, würde mancher Sportlaie für eigentlich unmöglich halten.

 

Videoimpressionen vom Freilufttraining & Kurzinterview (hw):

Teamchef Schneider war Soldat und Türsteher – heute arbeitet er im Buchhandel

Teamgründer Schneider war einst Soldat. Dann hatte er die Nase voll von diesen Berufen, wechselte als Lagerist in den schöngeistigen Buchhandel. Ausprobiert hat er schon viele Kampfsportarten, bis hin zu solch exotischen wie dem japanischen „Iaido“ – der Kunst des eleganten Schwertziehens. Vor einem Jahr stieß er dann über Youtube-Videos im Internet auf die neue, alte Sportart „Calisthenics“.

Immer mehr Calistheniker vernetzen sich über Facebook

Über das Internet-Kontaktnetzwerk „Facebook“ fanden sich nach einem Aufruf von ihm rasch weitere Fans und so entstanden die „CityBarz“. Bestand die Trainingstruppe zunächst aus etwa einem Dutzend Freizeitsportlern, sind es inzwischen rund 30, die regelmäßig mittrainieren, darunter auch vier junge Frauen. Weitere 80 Mitglieder gehören zumindest lose zur Gruppe. „Das Interesse an Calisthenics wächst in Dresden“, sagt Schneider.

Hier wird man nicht als Püppchen behandelt: Dominique Dittrich bei Dehnungsübungen - mit der Gerätefreiheit nehmen es die Calistheniker insofern nicht supergenau, wie man hier sieht. Foto: Heiko Weckbrodt

Hier wird man nicht als Püppchen behandelt: Dominique Dittrich bei Dehnungsübungen – mit der Gerätefreiheit nehmen es die Calistheniker insofern nicht supergenau, wie man hier sieht. Foto: Heiko Weckbrodt

Sportlerin: Werde hier nicht wie ein Püppchen behandelt

Dominique Dittrich zum Beispiel ist erst seit drei Monaten dabei und sehr angetan: „Man bekommt durch diese Art von Training ein ganz neues Körpergefühl und das Zusammengehörigkeitsgefühl ist auch gut“, sagt die 25-Jährige, die beruflich im Marketing arbeitet und dort eher einen sportlich wenig fordernden Büro-Job hat. „Man wird hier als Frau auch nicht als Püppchen behandelt.“ Die ersten Erfolge haben sich schon eingestellt. „Mit Unterstützungsband komm ich jetzt fünf Klimmzüge“, berichtet sie. „Als ich hier anfing, habe ich keinen einzigen geschafft.“

Training mit freiem Oberkörper bei Wind, Kälte und Regen

Man kann es dem Rücken von Tom-Edgar Krmela ansehen: da hat sich einer ganz schön Muckis antrainiert - hier in einer Übung mit Alexander Schneider. Foto: Heiko Weckbrodt

Man kann es dem Rücken von Tom-Edgar Krmela ansehen: Da hat sich einer ganz schön Muckis antrainiert – hier in einer Übung mit Alexander Schneider. Foto: Heiko Weckbrodt

Da ist Elektrotechnik-Student Tom-Edgar Krmela, der schon etwas länger dabei ist, bereits etwas weiter: Kühle 8 Grad Celsius herrschen an diesem Tag, doch der 20-Jährige trainiert mit freiem Oberkörper, schwingt sich mühelos die Klimmzug-Stange hoch, klatscht oben in die Hände, fängt sich auf – wieder und wieder. Ja, so stellt man sich die antiken Spartaner vor… „Ich bin hier dazugestoßen, weil ich eigentlich Akrobatik mache, aber gemerkt habe, dass mir für bestimmte Übungen einfach die Kraft in den richtigen Muskeln fehlt“, sagt er. „Ich mach das zwar nicht fürs Aussehen – aber es sieht auch cool aus.“ Auf jeden Fall – und da ist er mit Dominique völlig einer Meinung – lerne man durch Calisthenics eine ganz neue Art der Körperbeherrschung.

Sportler wollen Street-Workout-Park à la USA

Was den muskelbepackten Neo-Spartiaten jetzt noch fehlt? „Wir würden uns freuen, wenn die Stadt auch so einen Street-Workout-Park einrichten würde, wie es sie in den USA gibt“, sagt Schneider. „Dann könnten wir noch besser werden.“ Autor: Heiko Weckbrodt

-> Wer sich für Calisthenics interessiert, findet hier bei Facebook die die Dresdner Sportgruppe „CityBarz Dresden“
 

Zum Weiterlesen:

Die Wurzeln von Calisthenics

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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