Stiftung Aufarbeitung ließ Deutsche befragen
Berlin, 3. November 2014: Es war in erster Linie Michael Gorbatschows Reformpolitik von „Perestroika“ (Umbau) und „Glasnost“ (Transparenz), die die DDR zusammenbrechen ließ, meint ein Drittel der Deutschen – und damit eine relative Mehrheit der Bürger in Ost wie West. Das hat eine „infratest“-Telefonumfrage unter 1015 Bundesbürgern im Auftrag der Berliner „Bundesstiftung Aufarbeitung“ ergeben. An zweiter Stelle wurde die ostdeutsche Wirtschaftskrise genannt, während nur etwa jeder Zehnte die Politik des Westens oder die Oppositionsbewegung innerhalb der DDR als wichtigste Gründe für den politischen Kollaps der SED-Diktatur nannte.
Eppelmann: Mauerfall durch Bürger erzwungen
„Ohne Gorbatschow wäre die Oppositionsbewegung in der DDR möglicherweise gescheitert“, schätzte Stiftungs-Vorsitzender Rainer Eppelmann ein – der Pfarrer und spätere CDIU-Politiker galt vor 1989 selbst als Protagonist der Opposition. „Klar ist aber auch, dass die Mauer nicht gefallen ist, weil die Herrschenden in der DDR plötzlich einsichtig geworden wären. Die Grenzöffnung ist von den Bürgern der DDR in den Kirchen und auf der Straße erzwungen worden.“
Interesse an DDR-Vergangenheit lässt nach
Allerdings lässt ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall das Interesse der Deutschen an der DDR-Vergangenheit spürbar nach. Das spiegelt sich beispielsweise in sinkenden Anträgen auf Akteneinsicht in der Stasi-Unterlagenbehörde, aber auch in der „infratest“-Umfrage. Dort nämlich plädierten 60 Prozent der Befragten dafür, den Blick lieber nach vorne zu richten. Nun 38 Prozent wünschen sich, mehr über die DDR-Geschichte zu erfahren.
Jüngere wollen allerdings mehr erfahren
Bemerkenswert allerdings: Unter den jüngeren Deutschen im alter zwischen 14 und 29 Jahren, die die DDR selbst nicht mehr (bewusst) erlebt haben, haben 58 Prozent ein verstärktes Interesse an diesem Abschnitt der deutschen Geschichte. Und der ist längst noch nicht auserzählt und so erforscht, wie gemeinhin angenommen wird: „Viele mögen glauben, dass zur DDR alles gesagt sei“, hatte erst jüngst Günther Heydemann, der Direktor des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung (HAIT), im Oiger-Gespräch eingeschätzt. „Doch das ist ein Trugschluss.“ Autor: Heiko Weckbrodt
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