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Mit dem Keller-Kraftwerk zur Energiewende

Im Forschungscluster „Combined Storage Systems Integration“ (CSSI) haben sich 20 Professuren der TU Dresden zusammengeschlossen, um die Dresdner Energiespeicher-Forschung in die Spitzenliga zu katapultieren. Foto: CSSI

Im Forschungscluster „Combined Storage Systems Integration“ (CSSI) haben sich 20 Professuren der TU Dresden zusammengeschlossen, um die Dresdner Energiespeicher-Forschung in die Spitzenliga zu katapultieren. Foto: CSSI

Dresdner Forschungs-Cluster „CSSI“ will dezentrale Energieerzeuger zu virtuellen Groß-Kraftwerken vernetzen

Dresden, 9. September 2014: Forscher der TU Dresden entwickeln derzeit eine Lösung, viele Hundert oder gar Tausend Energieerzeugungs-Anlagen, wie sie in vielen Eigenheimen installiert wurden, zu regionalen virtuellen Kraftwerken“ zusammenzuschließen. Die Wissenschaftler des Dresdner „Energiespeicher-Forschungsclusters „Combined Storage Systems Integration“ (CSSI) wollen damit dezentrale Energieerzeugung deutlich effektiver als bisher machen und ihr zum Durchbruch zu verhelfen, erklärte Professor Peter Schegner vom TU-Institut für Elektrische Energieversorgung und Hochspannungstechnik. Beim Dresdner „Innovationstag Energiespeicher – Basis und Chancen der Energiewende“ werden Schegner und seine Kollegen am Donnerstag diese und weitere Forschungsaktivitäten vor über 120 Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft vorstellen.

Blick in ein Mikro-Kraftwerk für Eigenheime- Die TU-Forscher wollen Hunderte oder gar Tausende solcher Energieerzeuger zu virtuellen Großkraftwerken bündeln. Abb.: TUD

Blick in ein Mikro-Kraftwerk für Eigenheime. Die TU-Forscher wollen Hunderte oder gar Tausende solcher Energieerzeuger zu virtuellen Großkraftwerken bündeln. Abb.: TUD

Mikro-Kraftwerke kämpfen mit Effizienz-Problemen

Hintergrund: Die dezentrale Energie-Erzeugung wird gern und oft als Zukunftsmodell beschworen, wenn von der Energiewende und „Erneuerbaren Energien“ die Rede ist: Das klingt gut und nach einer Abkehr von qualmenden Kohlekraftwerk-Schloten und risikobehafteten Groß-Kernkraftwerken. Was dabei oft verschwiegen wird: Viele dieser dezentralen Lösungen, seien es nun Solaranlagen oder Mini-Blockheizkraftwerke, sind so klein, dass sie weit weniger effektiv arbeiten als die technisch ausgereiften Großturbinen in „richtigen“ Kraftwerken. Zudem werden sie auch meist schlecht ausgelastet, weil die Nachfrage in den Haushalten und im Energienetz zu stark schwankt.

Thermische Speicher sollen Energie auffangen

Prof. Peter Schegner. Foto: TUD

Prof. Peter Schegner. Foto: TUD

Das Dresdner Projekt „Regionales Virtuelles Kraftwerk auf Basis der Mini- und Mikro-KWK-Technologie“ sieht deshalb vor, viele solcher Mikro-Kraftwerke in den Hauskellern, die oft nur auf fünf bis zehn Kilowatt Leistung kommen, zu virtuellen Großkraftwerken zusammenzuschalten. Um Nachfrage-Schwankungen auszugleichen, möchten die TU-Forscher thermische Speicher installieren. Dahinter stecken in der Praxis große Flüssigkeits-Tanks, in denen Wasser durch die Mikrokraftwerke erwärmt wird,und die diese thermische Energie wieder abgeben, wenn sie gebraucht wird. „Wir denken, dass der Gesamtwirkungsgrad solcher Lösungen höher ist als bei einer batteriegestützten Speicherung elektrischer Energie“, betonte Prof. Schegner.

Auch neue Akku-Technologien und „grüner“ Wasserstoff im Fokus

Blick in die Sunfire-Laborfabrik in Dresden. Foto: Sunfire

Blick in die Sunfire-Laborfabrik in Dresden. Foto: Sunfire

Daneben sollen auf dem „Innovationstag“ aber auch weitere Energiespeicher-Technologien vorgestellt werden, an denen in Dresden innerhalb und außerhalb der Uni geforscht wird. Dazu gehören beispielsweise Ansätze des Fraunhofer-„Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung“ (IFAM) aus regenerativen Energiequellen erzeugten „grünen“ Wasserstoff als umweltfreundlichen und abgasfreien Energiespeicher einzusetzen. Auch die Entwicklung neuartiger Batterietechnologien und Brennstoff-Zellen in weiteren Dresdner Fraunhofer-Instituten sowie die Energiespeicherung durch Kraftstoff-Erzeugung in der neuen Pilotanlage von „Sunfire“ werden eine Rolle spielen.

Keramikräder überbrücken Stromausfälle mit Schwung

Zudem könnten eigentlich schon lange bekannte Speichertechnologien wie die Schwungräder nach Überzeugung von TU-Forschern eine wichtige Rolle spielen, um zum Beispiel kurzfristige Stromausfälle in den Netzen zu überbrücken. So setzen die Chipwerke von Globalfoundries in Dresden ähnliche Schwungräder heute schon ein, um teure Stopps in der Halbleiter-Produktion zu vermeiden, wenn die Stromzufuhr aus den öffentlichen Netzen für Sekunden ausfällt.

Energiedichte von Supercaps erhofft

Der geplante Aufbau der neuen Super-Schwungräder, die Stromausfälle in Hightech-fabriken und Rechenzentren überbrücken sollen. Abb.: TUD

Der geplante Aufbau der neuen Super-Schwungräder, die Stromausfälle in Hightech-fabriken und Rechenzentren überbrücken sollen. Abb.: TUD

Die TU-Forscher arbeiten nun aber an Schwungrädern für Kraftwerke und Fabriken, die ein Vielfaches an Energie speichern können, indem innovative Keramik-Werkstoffe, Verbundmaterialien und Konstruktionsprinzipien zum Einsatz kommen: Diese Räder sollen sich bis zu 60.000 Mal pro Minute drehen können und damit etwa dreimal so schnell rotieren wie heutige Schwungräder. Gelingt es, die dabei an den Apparaturen zerrenden gewaltigen mechanischen Belastungen in den Griff zu bekommen, könnten solche Räder fünfmal so hohe Energiespeicherdichten wie heutige Schwungräder erreichen und selbst mit den teuren Superkondensatoren („Supercaps“) gleichziehen.

Dresden soll in Spitzenliga der E-Speicherforschung aufrücken

All diese Projekte sind Teil der Strategie von städtischer Wirtschaftsförderung und Dresdner Instituts-Verbünden, die sächsische Landeshauptstadt zu einem international führenden Standort der Energiespeicher-Forschung zu profilieren – und damit letztlich auch für Investitionen, Firmen-Ansiedlungen und neue Jobs in Dresden zu sorgen. „An diesem Punkt sind wir längst noch nicht angelangt, sondern auf dem Weg dorthin“, betonte Prof. Schegner. „Dresden ist seit jeher stark in der Materialforschung. Wenn wir diese Stärken und all die vielen Energietechnik-Projekte hier richtig bündeln, haben wir eine reelle Chance, eine Spitzenrolle zu spielen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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