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Sonne brennt mindestens 10.000 Jahre nach

Der Borexino-Neutrino-Detektor wird mit einer sogenannten "Scintillator"-Flüssigkeit gefüllt. Foto: Borexino Collaboration

Der Borexino-Neutrino-Detektor wird mit einer sogenannten „Scintillator“-Flüssigkeit gefüllt. Foto: Borexino Collaboration

Forscher durchleuchten Stern mit Neutrinos

Sonnensystem, 31. August 2014: Würde man heute plötzlich die Energieproduktion unserer Sonne ausschalten, wie gelegentlich in Science-Fiction-Filmen vorexerziert, so „würde es etwa weitere 10.000 Jahre dauern, bis wir davon auf der Erde etwas merken“. Das hat der Dresdner Kernphysiker Prof. Kai Zuber nach einem aufwändigen Neutrino-Experiment eingeschätzt.

Energieproduktion im Sonnenkern in „Echtzeit“ gemessen

Prof. Kai Zuber. Foto: TUD

Prof. Kai Zuber. Foto: TUD

Denn dem TU-Professor ist es nun gemeinsam mit internationalen Kollegen gelungen, durch solare Neutrinos in Echtzeit die Energieproduktion unseres Zentralgestirns auszumessen – und mit dem zu vergleichen, die bei uns ankommt. Ergebnis: In den vergangenen 100.000 Jahren hat sich der energetische Kern der Sonne kaum verändert. Wobei „Echtzeit“ hier relativ zu sehen ist: Da auch Neutrinos – entgegen allen Unkenrufen – auch nur mit Lichtgeschwindigkeit vorankommen, brauchen sie zumindest acht Minuten zu Erde.

Kernenergie braucht Jahrtausende bis zu uns

Die Montage überlagert die Sonne mit dem Borexino-Detektor. Montage: Borexino Collaboration

Die Montage überlagert die Sonne mit dem Borexino-Detektor. Montage: Borexino Collaboration

Dagegen dauert eine halbe Ewigkeit, bis die im Sonnenkern durch Atomfusion entstandene Energie zur Erde gelangt ist. Insofern ist die Wärme, über die wir uns hier auf der Erde im Sommer freuen, eigentlich 10.000 Jahre alt. Um mehr über die Prozesse im Innern der Sonne zu erfahren, hatten Zuber und seine Mitforscher den Neutrino-Detektor „Borexino“ im „Gran Sasso“-Untergrundlabor in den italienischen Abruzzen eingesetzt.

„Borexino“-Kugel fängt unfangbare Teilchen

Dieser Detektor ist von der kosmischen Strahlung durch meterdicke Felsen, Bleiwände, Edelstahl und Wasser-Tanks abgeschirmt. Der „Borexino“ selbst besteht aus einer Kugel, die ein wenig aussieht, als ob sie Sci-Fi-Filmen wie „Event Horizon“ oder „Sphere“ entsprungen wäre. Sie ist mit einer Spezialflüssigkeit gefüllt, die leuchtet, wenn Neutrinos durch sie hindurchwandern.

Leichtflügige Neutrinos scheren sich kaum um Materie

Diese Neutrinos sind extrem schwer nachzuweisen, da sie durch normale Materie einfach hindurchfliegen – aber eben im „Borexino“ ihre Spuren hinterlassen. Letztlich geht es den Forschern darum, durch die so gefundenen solaren Neutrinos die Sonne wie auf einem Röntgenbild bis ins Innere zu durchleuchten und mehr über die Prozesse im Sternenkern herauszufinden.

Mega-Dynamo „DresDyn“ soll Prozesse im Sternenkernen simulieren

Auch andere Forscher in Dresden versuchen mehr über die Prozesse im Innern unserer Sonne herauszubekommen – aber mit einem ganz anderen forschungstechnologischen Ansatz: Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf entsteht derzeit mit dem „DresDyn“ eine einzigartige Experimentieranlage, die Kugeln aus flüssigem Metall in mehreren Achsen rotieren wird. Dabei werden enorme Kräfte auf die Anlage wirken. Die Rossendorfer wollen so unter andere, komplexe Fluss- und Wirbelprozesse sowie dadurch entstehende Magnetfelder in Planeten- und Sternen-Kernen simulieren. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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