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Dresden muss Nanoelektronikzentrum durch Eilkredit retten

Das Nanoelektronikzentrum in Dresden-Klotzsche stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Nanoelektronikzentrum in Dresden-Klotzsche stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Foto: Heiko Weckbrodt

NanoZ war für Stadt bisher ein Millionengrab

Das Nanoelektronik-Zentrum (NanoZ) in den alten ZMD-Gebäuden in Klotzsche hat sich für die Stadt als Mehrheitseigner als Serie teurer Misserfolge erwiesen: Statt eines mit Laboren und Hightech-Firmen wohlgefüllten und selbsttragenden Technologiezentrums ist daraus ein einziges Zuschussgeschäft geworden. Um eine Pleite abzuwenden, muss die Stadt nun fast eine Million Euro als – vorerst zinsloses – Darlehen nachschießen, um die Liquidität der „Nanoelektronik-Zentrum Dresden GmbH“ zu sichern.

Wirtschaftsbürgermeister: Wird sich nicht wiederholen

Dresdens amtierender OB Dirk Hilbert. Abb.: LHD Dresden

Dirk Hilbert. Abb.: LHD

„Unsere Gesellschaften sind grundsätzlich sehr eng mit Eigenkapital ausgestattet – dies ist in anderen Städten anders“, erklärte Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). „Daher werden größere Ausschläge zwischen Planung und Realisierung nur schwer verkraftet. Diese Liquiditätslücke müssen wir als Gesellschafter nun temporär schließen. Aber wir werden auch unsere internen Prüfprozesse anpassen, um nicht wieder in eine solche Situation zu kommen.“ Entsprechende Prüfaufträge seien inzwischen ausgelöst

Verzögerungen, Geldprobleme und fehlgeschlagene Konzepte begleiten das NanoZ seit Anfang an: 2007 beschloss der Stadtrat, ein Nanoelektronikzentrum einzurichten. Damit wollte Hilbert Ausgründungen aus den nahen Fraunhofer-Instituten und die Ansiedlung von Elektronikfirmen fördern.

Pannenserie begleitete Gründerzentrum seit Anbeginn

Die Stadt kaufte für 4,4 Millionen Euro die alten DDR-Gebäude des ZMD an der Maria-Reiche-Straße. Ursprünglich war eine Gesamtinvestition von 22 Millionen Euro vorgesehen, die zu erheblichen Teil aus Fördergelder gedeckt werden sollten. Damit sollte die städtische Tochter „Nanoelektronik-Zentrum Dresden GmbH“ die alten Gebäude in Schuss bringen, um sie rasch an Hightech-Firmen weiter zu vermieten. Doch das Land genehmigte nur 7,4 Millionen Euro Fördermittel, das Gesamtprojekt wurde auf 13,3 Millionen Euro zusammengestrichen, der Baustart verzögerte sich bis 2010. Damit fielen fest eingerechnete Mieteinnahmen für die ersten zwei Jahre weg. Auch das Konzept, an Hightech-Mieter unsanierte Räume zum Eigenausbau zu vermieten, ging nicht auf. Der Vermietungsstand liegt mit nur 70 Prozent weit unter den Erwartungen – auch dies trug bei, das gesamte Finanzkonzept zum Wackeln zu bringen.

Geld für offene Rechnungen ist alle

Eigentlich sollte sich das NanoZ in diesem Jahr bereits selbst aus eigenen Einnahmen finanzieren, doch davon ist man noch weit entfernt. Rund viereinhalb Millionen Euro Kapitaleinlagen der Stadt sind inzwischen durch angehäufte Verluste und Investitionen verbrannt. Die NanoZ-Hausbank verweigert weitere Kredite. Nun braucht die Betreibergesellschaft dringend 397.000 Euro, um Rechnungen von Baufirmen begleichen zu können, weitere 586.000 Euro, um die Häuser 1 und 3 in einen vermietungsfähigen Zustand zu bringen. Diese insgesamt 983 000 Euro sollen jetzt die NanoZ-Gesellschafter als Kredit geben.

TU-Technologiezentrum derweil auf Eis gelegt

Einen Teil des Darlehens will die mit 6,9 Prozent beteiligte Technologiezentrum-Dresden GmbH aufbringen. Der Minderheitseigner hat dafür sein ohnehin bisher wenig nachgefragtes Projekt vorerst auf Eis gelegt, ein neues Gründerzentrum beim TU-Campus an der Nöthnitzer Straße einzurichten. Den Rest muss die Stadt als Mehrheitseigner (93,1 Prozent) aufbringen. Zins und Tilgung wollen die Partner erst einfordern, wenn sich das NanoZ finanziell stabilisiert hat.

Transparente organische Solarzellen mit unsichtbaren Drähten. Abb.: Comedd

Nebenan forscht Fraunhofer an Organikelektronik. Abb.: Comedd

Hoffnung auf Fraunhofer

Für letzteres gilt das Prinzip Hoffnung: Die „Nanoelektronik-Zentrum Dresden GmbH“ versucht schon seit längerem, den benachbarten Fraunhofer-Instituten die unsanierten NanoZ-Häuser 5 und 7 für 2,9 Millionen Euro zu verkaufen – was bisher nicht gelungen ist, aber unabdingbar ist, damit die GmbH wieder liquide wird. Angesichts der jüngsten Umstrukturierungen in den Dresdner Fraunhofer-Instituten darf man skeptisch sein, ob dieser Deal in naher Zukunft gelingt.

Chef abgelöst, Stesad soll’s rumreißen

In der Stadtverwaltung ist man ziemlich sauer auf das NanoZ-Management. Der bisherige Geschäftsführer wurde abgelöst. Zur Debatte steht, die weitere Projektsteuerung an die Stadttochter Stesad zu übergeben, was die bisherige Betreibergesellschaft zum bloßen Verwalter degradieren würde. Nach der gestrigen Beratung im Wirtschaftsausschuss soll am Montag der Finanzausschuss über die Not-Kapitalspritze abschließend entscheiden. Autor: Heiko Weckbrodt

Hinweis: Das (letztlich städtische) „Nanoelektronikzentrum Dresden“ ist ein Gründerzentrum und von zwei ähnlich klingenden Einrichtungen in Dresden zu unterschieden: vom „Center Nanoelektronische Technologien“ (CNT) der Fraunhofer-Gesellschaft, das sich auf eher mittelfristige Mikroelektronik-Forschungen spezialisiert hat, und dem „Center for Advancing Electronics Dresden“ (cfaed) der TU Dresden, das langfristige Vorlaufforschung für die Zukunft der Mikroelektronik betreibt.
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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