Lichtbasierte Beschleunigertechnologie soll Protonentherapie erschwinglich machen
Dresden, 19. Mai 2014: Damit künftig mehr – und vor allem auch kleinere – Krankenhäuser die schonende Protonen-Therapie gegen Krebs einsetzen können, haben Dresdner Forscher einen Laser-Teilchenbeschleuniger designt, der nur noch halb so groß und preiswerter als herkömmliche Anlagen ist. Solche turnhallen-großen Tumor-Protonenskalpellen haben bisher nur zwei Unis in ganz Deutschland in Heidelberg und Essen, ein dritter Beschleuniger wird derzeit in Dresden hochgefahren.
Konventionelle Beschleuniger tonnenschwer und sehr teuer
Solche konventionell konstruierten Anlagen bestehen normalerweise aus tonnenschwere Technik. Herzstück ist ein Ringbeschleuniger, in denen die Atomkern-Teilchen – die Protonen – nahe bis an die Lichtgeschwindigkeit gebracht werden. Magneten bündeln und leiten dann den Strahl über eine Lenkvorrichtung namens „Gantry“ zum Behandlungstisch mit dem Patienten. Ringsum sorgen teils meterdicke Stahlbetonwände und Blei für den Strahlenschutz. Dieser bauliche und konstruktive Aufwand macht Protonenschleuniger so teuer und groß, dass sie für die meisten Kliniken unerschwinglich sind.
Protonen greifen nur Tumor an
Andererseits gilt die noch junge Protonen-Therapie als schonendere Alternative zur klassischen Strahlenbehandlung von Krebspatienten. Denn hier zerstören keine Gamma- oder Röntgenstrahlen auch das gesunde Gewebe rings um den Tumor: Der Teilchenstrahl ist sehr eng fokussiert und die Protonen können so dosiert werden, dass sie im Geschwulst ihre ganze Energie freisetzen, aber nicht dahinter durch den Körper schießen.
Nicht nur für Hirnkrebs einsetzbar
Die Protonen-Therapie wird bisher vor allem gegen Hirnkrebs eingesetzt. Die Dresdner Forscher am „Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie“ (OncoRay) im Uniklinikum Dresden sind aber überzeugt, dass weitere Anwendungen möglich sind. „Die Therapie mit Protonenstrahlen muss noch für unterschiedliche Krebserkrankungen genau erforscht werden“, betonte Professor Michael Baumann vom Oncoray. „Sie könnte bei 15 bis 20 Prozent deutliche Vorteile gegenüber der etablierten Strahlentherapie haben.“
Superlaser der Petawatt-Klasse benötigt
Um diese Vorteile mehr Patienten in ganz Deutschland zugänglich zu machen, hat der Dresdner Medizinphysiker Umar Masood vom „Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf“ (HZDR) nun ein völlig neues Beschleuniger-Design ausgetüftelt: Dabei werden die Protonen nicht in einem Ringbeschleuniger, sondern mit dem Lichtdruck eines nur etwa schrankwandgroßen Superlasers auf Tempo gebracht. Die dafür benötigten Lichtbündler der Petawatt-Klasse (eine Billiarde Watt Leistung) werden derzeit am HZDR entwickelt.
Protonen-Pakete vom Laser durch Pulsmagnete steuerbar
Anders als beim kontinuierlichen Teilchenstrom eines klassischen Beschleunigers schickt der Laser die Protonen zudem paketweise auf Reise. Vorteil: Dadurch kann auch auf tonnenschwere klassische Magnetspulen verzichtet werden, die permanente Felder erzeugen. Statt dessen bündeln und lenken leistungsstärkere und kleinere Puls-Magnetspulen den Strahl – und gerade in dieser Pulsfeld-Technologie gilt das HZDR als europaweit führend. „Wir sprechen hier von ein paar Dutzend oder Hundert Kilogramm für die Magneten statt Hunderten Tonnen in der klassischen Lösung – bei zehnmal so hoher Feldstärke“, betonte Masoods Chef Professor Ulrich Schramm vom Institut für Strahlenphysik am HZDR.
Mindestens 5 Jahre Erprobung
Zugleich bremste Schramm voreilige Hoffnungen auf rasche Fortschritte: „Wir werden das Design in den nächsten fünf Jahren schrittweise aufbauen und erproben“, sagte er. „Vorher wird es also auch noch keine fertige Anlage geben.“ Auch müsse in enger Kooperation von HZDR und Oncoray der medizinische Nutzen getestet werden. Sollte der Dresdner Entwurf aber machbar sein – und darauf deutet jetzt alles hin – wären Protonenbeschleuniger möglich, die höchstens halb so groß heutige Uni-Anlagen sind. Und diese preiswerten Anlagen könnten sich dann auch kleinere Kliniken leisten – und damit neue Perspektiven für die Krebsbehandlung eröffnen. Autor: Heiko Weckbrodt
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