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Nackt-Piratin ehrt Bomber-Harris und erntet scharfe Kritik

Das von der Piratin bei Twitter eingestellte Femen-Foto, auf der die barbusigen Frauen die Bombardierung Dresdens begrüßen. Ob es sich bei der rechten Frau um Anne Helm selbst handelt, ist bisher umstritten. Foto: Twitter/ mlx

Das von der Piratin bei Twitter eingestellte Femen-Foto, auf der die barbusigen Frauen die Bombardierung Dresdens begrüßen. Ob es sich bei der rechten Frau um Anne Helm selbst handelt, ist bisher umstritten. Foto: Twitter/ mlx

Scharfe Dispute auf Twitter und Facebook

Dresden/Berlin, 21. Februar 2014: Nach einer grenzwertigen Femen-Aktion, die die Zerstörung Dresdens 1945 begrüßte, hat die Berliner Piratin Anne Helm scharfe Kritik geerntet. Helm hatte am 13. Februar zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens auf „Twitter“ ein Foto mit zwei halbnackten Aktivistinnen eingestellt. Eine der Frauen hatte sich auf die Brust „Thanks Bomber Harris“ gemalt und vor der Kulisse der im Zweiten Weltkrieg ausgebrannten Dresdner Hofkirche posiert. Angeblich handelt es sich bei der im Gesicht vermummten Aktivistin um Helm selbst.

Auch Piratenpartei über Helm-Fotos auf Twitter gespalten

Wahlkampfplakat von Anne helm. Quelle: Facebook - Anne Helm

Wahlkampfplakat von Anne helm. Quelle: Facebook – Anne Helm

Der Streit darum entzweit nun auch die Piratenpartei: Sechs Landesverbände haben sich von Helms Aktion distanziert, der Bundesverband solidarisierte sich mit Helm. Derweil haben Unbekannte eine Facebook-Seite „Stadtverbot für Anne Helm“ eingerichtet, in der es in teils bizarrem Duktus Kritik, Todes- und sexuelle Drohungen gegen die Piratin hagelt. Auch auf Twitter ist unter dem Kennwort „#Bombergate“ eine scharfe Diskussion entbrannt.

„Stadtverbot“-Seite auf Facebook mit teils bizarren Kommentaren

Über 6700 Befürworter hat die „Stadtverbot“-Seite auf Facebook bis Freitagmittag gefunden, die von Helm fordert „Komm nie wieder ins unsere Stadt!“. Dort allerdings entgleisen die Kommentare teils ähnlich stark wie die Femen-Aktion selbst: Man müsse Helm aus dem Flugzeug werfen, sie habe den Tod verdient, auch sexuelle Drohungen, hieß es dort. Ein Teil dieser Kommentare wurde aber anscheinend inzwischen wieder gelöscht.

Piratentechniker im Warnstreik

Derweil sind Techniker und Verwaltungsmitarbeiter der Piratenpartei infolge des Streits um die Aktion in den Warnstreik gegangen und haben die Internet-Wiki-Seite der Piraten durch einen Protestbrief ersetzt. Die Landesverbände NRW, Thüringen, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz distanzierten sich von der Helm-Aktion, die sie teils als „gewaltverherrlichend“, eine „Verhöhnung von Opfern“ und „geschmacklos“ einstuften.

Aufnahme aus einem Luftschutzkeller nach dem Bombardement Dresdens: Eine tote Mutter über dem Kinderwagen ihrer Zwillinge. Foto: Richard Peter, Dt. Fotothek, Wikipedia, CC3-Lizenz

Aufnahme aus einem Luftschutzkeller nach dem Bombardement Dresdens: Eine tote Mutter über dem Kinderwagen ihrer Zwillinge. Foto: Richard Peter, Dt. Fotothek, Wikipedia, CC3-Lizenz

Bomber-Harris befahl Luftangriff auf Dresden – 25.000 Tote

Zum Hintergrund: Britische und amerikanische Bomberverbände hatten die Dresdner Innenstadt in der Endphase des II. Weltkriegs am 13. und 14. Februar 1945 weitgehend zerstört. Das Oberkommando hatte der britische Luftmarschall Sir. Arthur Harris, genannt „Bomber-Harris“. Dabei kamen laut einem 2010 vorgelegten Abschlussbericht einer von der Stadt Dresden eingesetzten Historikerkommission etwa 25.000 Menschen ums Leben. Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels hatte 1945 eine mehr als zehnmal so hohe Zahl in die Welt gesetzt und Dresden zum Inbegriff angloamerikanischer Zerstörungswut und Mordlust stilisiert – diese Deutung wirkte jahrzehntelang nach. Insbesondere seit der politischen Wende in der DDR ringen Rechte und Linke um diese Deutungshoheit, begleitet von Aufmärschen und Kundgebungen zu fast jedem 13. Februar in Dresden.

„Femen“-Nacktprotest in Ukraine entstanden

Helm selbst ist Synchronsprecherin, kandidiert in Berlin-Neukölln für die Piraten zur Europawahl. Sie war am 13. Februar 2014, als es zu Neonazi-Demos, Menschenketten und anderen Aktionen kam, in Dresden, bestreitet aber, selbst hinter dem Femen-Protest zu stecken. „Femen“ ist als Protestform 2008 in der Ukraine entstanden und leitet sich vom Feminismus ab. Die protestierenden Frauen zeigen sich üblicherweise mit nackten Brüsten und auf den Körper gemalten Protestlosungen in der Öffentlichkeit. Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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