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Senioren bekommen virtuelle Alltags-Assistenten

Im 1. Pilotprojekt sollen die Exelonix-Tablets Senioren helfen, per Skype & Co. Kontakt zu ihren Kindern und Enklen zu halten. Foto: Exelonix

Im 1. Pilotprojekt sollen die Exelonix-Tablets Senioren helfen, per Skype & Co. Kontakt zu ihren Kindern und Enklen zu halten. Foto: Exelonix

Dresdner TU-Ausgründung Exelonix antwortet mit Tablets auf demografischen Wandel

Dresden, 22. November 2013: Vernetzte Tablettrechner sollen es Senioren – insbesondere auf dem Lande – künftig ermöglichen, länger ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu führen, statt ins Pflegeheim umzuziehen. Dieses Ziel hat sich die Dresdner TU-Ausgründung „Exelonix“ auf die Fahnen geschrieben. Anfang 2014 will sie ihre ersten „Asina“-Tablets an Rentner in Dresden verteilen. Ein weiteres Pilotprojekt für Senioren in den Gemeinden nordöstlich der Landeshauptstadt ist in Vorbereitung.

Mit Enkeln skypen, mit Freunden vernetzen

Matthias Stege. Foto: Exelonix

Matthias Stege. Foto: Exelonix

Exelonix-Chef Matthias Stege sieht im Einsatz moderner Netztechnik eine Antwort auf den demografischen Wandel in Sachsen. In seiner Zukunftsvision sind Tablets, jene durch Gesten steuerbaren Mobilcomputer, für den Senior von morgen die virtuellen Universalhelfer des Alltags: Über sie hält Opa per Videotelefonie Kontakt zu seinen Kindern, bekommt von den Enkeln Urlaubsbilder geschickt und kann sich mit anderen Senioren zur gemeinsamen Fahrt in die nächste Stadt verabreden.

Tablet soll Notruf-Knopf, Erinnerer und Trainer werden

Vor allem aber soll die Schaltzentrale „Tablet“ bei der Bewältigung des Alltags helfen: Schnell Hilfe holen, wenn es dem Rentner mal schlecht geht, darauf achten, dass er seine Medikamente nimmt, per Funk-Schrittzähler aufpassen, dass er sich tagsüber genug bewegt, aber auch via Funk-Rauchmelder warnen, wenn der betagte Single wieder mal das Essen auf dem Herd vergessen hat.

Konzept knüpft an Vernetzungstrend der Haushaltgeräte an

Natürlich solle all dies nicht in Gängelei ausarten, betont Stege: Die Tablets werden nur an die Senioren ausgeteilt, die das wirklich wollen. „Ohnehin ist derzeit im Haushaltgeräte-Segment eine wachsende Vernetzung als Trend zu erkennen“, sagt Stege „Wir sind der Meinung: Für Senioren kann dies den allergrößten Nutzwert bringen.“ Deshalb entstand im April 2013 die Firma „Exelonix“, die sich darauf spezialisiert hat, Tablets mit seniorenfreundlichen Programmen zu versehen und Zusatzgeräte zu konstruieren, die diese kleinen Rechner erst dazu befähigen, sich mit Herden, Waschmaschinen, Rauchmeldern und anderer Wohnungstechnik zu vernetzen.

So etwa könnte die Benutzeroberfläche für das 2. Pilotprojekt aussehen, bei dem auch Erinnerungen an Medikamente und verordenete Sportaktivitäten vom Tablet erledigt werden. Foto: Exelonix

So etwa könnte die Benutzeroberfläche für das 2. Pilotprojekt aussehen, bei dem auch Erinnerungen an Medikamente und verordenete Sportaktivitäten vom Tablet erledigt werden. Foto: Exelonix

Die Tablets werden von Samsung zugekauft und mit einer internetgestützten Bedienoberfläche von Exelonix versehen, die später beispielsweise von Angehörigen der Rentner auch aus der Ferne umkonfiguriert werden kann. Außerdem konstruiert die Dresdner Firma spezielle Stromadapter dazu. Die sorgen einerseits dafür, dass das Tablet ständig als „Alltagszentrale“ ständnig an bleibt, andererseits jene Sensoren und Funkschnittstellen enthält, die für die Vernetzung mit der anderen Haustechnik nötig ist.

Erfahrene Gründer an Bord

Und hinter der Gründung stehen Experten mit Erfahrung: Der Dresdner Handyfunk-Guru Prof. Gerhard Fettweis zum Beispiel, der schon viele TU-Ausgründungen angeschoben hat, außerdem Prof. Frank Oehmichen, der Chefarzt der Bavaria-Rehaklinik in Kreischa. Stege selbst hat in den vergangenen zehn Jahren die Funktechnik-Firma „Signalion“ aufgebaut, die so erfolgreich agierte, dass sie inzwischen von „National Instruments“ übernommen wurde. Auch sein Ko-Geschäftsführer Frank Schäfer war zuvor als Firmengründer aktiv.

1. Pilotprojekt Anfang 2014 bei Diakonie und Maltesern

Im ersten Schritt will das derzeit Unternehmen zunächst Dresdner Rentner mit ihren Tablets ausstatten, die von Pflegediensten der Diakonie und der Malteser betreut werden. In dieser Pilotphase unterstützen die von Exelonix aufgemotzen Geräte die Senioren nach dem Umzug ins Heim vor allem dabei, den Kontakt zu Angehörigen und Freunden per Skype-Videotelefonie und über andere Kanäle zu halten.

„Viele Senioren bauen ja geistig rasch ab, wenn sie in ein Altersheim kommen, und leiden unter wachsender Isolation“, erklärt Stege. Fotoaustausch, Videotelefonie und dergleichen seien zwar mit klassischen Computern schon seit Jahren möglich. „Aber erst die einfach bedienbaren Tablets senken die Hemmschwelle für Senioren nachhaltig“, meint er.

Sachsen-Projekt für Senioren „auf dem Lande“ geplant

Martin Oehmichen zeigt einen Tablet-Assistenten, der via Internet un Laptop von Angehörigen der betagten Nutzer auch fernkonfiguriert werden kann. Foto: Exelonix

Martin Oehmichen zeigt einen Tablet-Assistenten, der via Internet un Laptop von Angehörigen der betagten Nutzer auch fernkonfiguriert werden kann. Foto: Exelonix

Im nächsten Schritt wollen die Exelonix-Ingenieure ein Pilotprojekt mit Unterstützung des Freistaates ankurbeln, in dessen Zuge Senioren auf dem Lande rings um Dresden mit den Exelonix-Lösungen ausgestattet werden – dort, wo die Infrastruktur längst nicht so dicht wie in einer Großstadt ist, wo man zum Beispiel zwingend ein Auto braucht, um zum nächsten Supermarkt oder zur nächsten Klinik zu gelangen. Andererseits liegen dort nun endlich vielerorts schnelle Internetverbindungen an, da der Bund die Telekommunikations-Konzerne angewiesen hatte, den neuen Handy-Funk-Standard „Long Term Evolution“ (LTE, theoretisch bis zu 150 Megabit je Sekunde) zuerst auf dem Lande zu installieren, dann erst in den Großstädten.

Gemeinsam mit Edeka, Vodafone und anderen Partnern soll in dieser Phase der Rechner zum echten Alltagshelfer werden, über den Rentner zum Beispiel auch Lebensmitteleinkäufe oder Medikamente per Bringdienst bestellen, Fahrdienste für den nächsten Arztbesuch ordern und dergleichen mehr erledigen können.

Startkapital vom Hightech-Gründerfonds

Der Hightech-Gründerfonds hat der Firma Startkapital zur Verfügung gestellt. Sollten die anvisierten Pilotprojekte erfolgreich verlaufen, so rechnet Stege, dann könnte das Unternehmen rasch wachsen und bald eine weitere Kapitalisierungsrunde benötigen. Von derzeit fünf Mitarbeitern (inklusive zweier Chefs) soll Exelonix im kommenden Jahr auf etwa zehn bis 20 Beschäftigte wachsen, so das Konzept.

Und für ihre Ideen haben die Exelonix-Experten bereits prominiente Unterstützer gefunden: Zur Einweihung der neuen Geschäftsräume in Dresden-Pieschen in der kommenden Woche will zum Beispiel kein Geringerer als Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf anrücken – der mit seinen 83 Jahren immerhin jetzt definitiv zur Zielgruppe des jungen Unternehmens gehört. Autor: Heiko Weckbrodt

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