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Bloß nichts im All versauen

Ulf Merbold Ende 1983 während seiner Arbeit in der Raumstation Spacelab. Foto: NASA

Ulf Merbold Ende 1983 während seiner Arbeit in der Raumstation Spacelab. Foto: NASA

Plädoyer für mehr Raumfahrt: Astronauten zu Gast in Dresden

Dresden, 3. Juli 2013. Für eine bessere finanzielle Unterstützung der Raumfahrt haben die Astronauten und Naturwissenschaftler Dr. Ulf Merbold und Dr. Thomas David Jones heute während eines „Community Days“ der Raumfahrer-Assoziation in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) plädiert. Der Deutsche und der US-Amerikaner verwiesen darauf, wie stark diese Technologie unser aller Leben verändert habe, sei es nun durch Satelliten-Fernsehen, Umweltanalysen aus dem Orbit, Wettervorhersagen oder Auto-Navigationsysteme.

Merbold: Wo stünde Menschheit heute ohne Abenteuergeist?

Und, so fragte Merbold rhetorisch: Wo stände die Menschheit heute ohne den Abenteuergeist eines Marco Polo oder Christoph Columbus? Deren – auch schon seinerzeit teure – Reisen in unentdecktes Land seien in einer Tradition mit den heutigen Vorstößen der Menschheit ins All zu sehen. „Und so lange die EU Milliarden und Abermilliarden in Agrarsubventionen steckt, halte ich die Raumfahrt nicht für teuer“, sagte Merbold vor rund 90 jungen Dresdnern, die gekommen waren, um die beiden Astronauten kennenzulernen.

US-Astronaut: Raumfahrt kann helfen, Rohstoffprobleme zu lösen

Thomas D. Jones (l.) und Ulf Merbold beim Besuch in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: TU Dresden

Thomas D. Jones (l.) und Ulf Merbold beim Besuch in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: TU Dresden

Gerade die US-Raumfahrtbehörde NASA werde derzeit sehr durch Budget-Kürzungen ausbremst, kritisierte Jones. „Ich glaube aber an eine Wiederbelebung der Raumfahrt.“ Nicht zuletzt könne die Konstruktion neuer Raumschiffe helfen, ernste Ressourcen-Probleme der Erde in den Griff zu bekommen, sagte der Amerikaner mit Blick auf die US-Pläne, metallreiche Asteroiden im All einzufangen und auszubeuten.

Zwei Stunden Grübeln vor dem Start

Besonders spannend war indes auch die persönliche Sicht der beiden Raumfahrer auf das „einzigartige Erlebnis“ eines Raketenstarts und der Arbeit im Erdorbit: „Besonders unangenehm waren für mich die zwei Stunden, die man im Raumanzug liegend im Raumschiff vor dem Start zubringen muss“, erinnert sich Merbold, der 1983 als erster Nicht-US-Bürger in einem Space Shuttle in All flog. Während der Warterei habe man nichts als nachdenken zu tun gehabt. „Da hab ich ständig darüber nachgegrübelt, was passiert, wenn ich diese ganzen teuren Experimente, die man mir anvertraut hat, dort oben versaue.“

Krach im Raumanzug

Auch an Details, die eben nur Astronauten im Orbit bemerken, erinnert sich der heute 72-Jährige noch gut: Wie er das erste Mal aus der Luke im All hinausschaute und sah, wie winzig dünn doch die schützende und lebensspendende Lufthülle der Erde ist – „ganz anders als in den Zeppelin-Büchern meiner Jugend, in denen von wahren ,Ozeanen der Lüfte’ die Rede war“, so Merbold. Oder an den Krach im Raumanzug: Im Weltall selbst herrscht zwar mangels Atmosphäre Totenstille. Aber da die Schutzanzüge extrem gut wärmeisoliert sind, mussten Gebläse in Hüfthöhe innen eingebaut werden, damit die Astronauten nicht im Stau ihrer eigenen Körperwärme kollabieren. „Das war ganz schön laut.“

Dresden bildet 1/4 aller deutschen Raumfahrtingenieure aus

Dresden wurde im Übrigen nicht von ungefähr für den Kommunetag der Raumfahrer ausgewählt: An der hiesigen Uni wird ein Viertel aller deutschen Raumfahrtingenieure ausgebildet, wie TU-Professor Martin Tajmar mitteilte. Zum anderen wollen die Uni und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im November in den TSD ein neues „DLR_School_Lab“ eröffnen, in dem dann Schüler zum Beispiel mit neuen Energiesystemen und Werkstoffen experimentieren können. Dieses Schülerlabor derzeit neben dem „Erlebnisland Mathe“ eingerichtet, das dem Technikmuseum bereits einen enormen Anstieg der Besucherzahlen beschert hatte. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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