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Eurokrise, Energiekosten und Fachkräftemangel: IHK Dresden erwartet schwieriges Jahr für Industrie

Der Solarwinter macht der Industrie zu schaffen - hier eine Beschichtungsanlage für Solarthermie-Kraftwerksröhren der Dresdner "Von Ardenne Anlagentechnik". Foto: Von Ardenne

Der Solarwinter macht der Industrie zu schaffen – hier eine Beschichtungsanlage für Solarthermie-Kraftwerksröhren der Dresdner „Von Ardenne Anlagentechnik“. Foto: Von Ardenne

Industrieumsatz um 4,3 % gesunken

Dresden, 3. April 2013: Die Dresdner Industrie sieht wegen der Euro-Krise und steigender Energiepreise einem schwierigen Jahr gegenüber. Bereits 2012 ist der Industrieumsatz um 4,3 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro gesunken. 2013 werde das verarbeitende Gewerbe das Umsatzniveau wohl halten können, aber mit sinkenden Erträgen kämpfen, schätzte Lars Fiehler ein, der Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden. Hinzu kommt der – teils hausgemachte – Fachkräftemangel vieler Firmen, dabei saugt Dresden auch das Umland leer.

Zu starke Verankerung im Euro-Raum

Hohe Exportorientierung mag prinzipiell ein Siegel für gewachsene Leistungskraft sein – doch momentan sorgt sie auch für Probleme. Mehr als jeder zweite Euro wird von der Dresdner Industrie mittlerweile im Ausland umgesetzt, mit einer Exportquote von 53 Prozent liegt sie deutlich über dem Sachsenschnitt von 38,8 Prozent. „Tatsächlicher ist unser verarbeitendes Gewerbe sogar noch weltmarktabhängiger, da viele Unternehmen hier große Exporteure in den Alten Bundesländern beliefern“, betont IHK-Sprecher Fiehler. Zwar verschiebe sich das Auslandsgeschäft der hiesigen Firmen inzwischen langsam auch in Richtung USA, China, Russland und Südamerika. Dennoch sei die Dresdner Industrie sehr stark im Euro-Raum verankert – und der schwächelt bekanntermaßen im Zuge der Schuldenkrisen.

Lars Fiehler. Foto: IHK Dresden

Lars Fiehler. Foto: IHK Dresden

Auch drücken die steigenden Energiepreise die Gewinne im gesamten IHK-Bezirk empfindlich. „Dies engt den Spielraum für Investitionen sowie Forschung und Entwicklung ein“, meint Fiehler. Da dies aber die Wettbewerbsfähigkeit mindert, droht eine Abwärtsspirale. Eine Gießerei aus Schmiedeberg habe IHK-Vertretern erst jüngst vorgerechnet, dass ihre Energieausgaben jeden Monat um 250.000 Euro steigen –im Jahr immerhin drei Millionen Euro, die für Modernisierungen fehlen. „Die steigenden Kosten treffen nicht nur energieintensive Unternehmen wie Stahlwerke, Chemie- oder Chipfirmen“, sagt der IHK-Sprecher. „Selbst für Gastwirte mit Großküchen werden die Stromkosten ein ernstes Problem.“

Verunsicherte Investoren potenzieren Effekt der Solarkrise

Zudem hatten sich in den vergangenen Jahren – und besonders im Zuge der Chipkrise 2008 – viele Firmen auf „erneuerbare Energien“ spezialisiert, sich als Zulieferer zum Beispiel für Solar- oder Windkraftpark-Kunden profiliert. Die Solarkrise hat diesen Markt inzwischen ausgetrocknet, auch haben die widersprüchlichen politischen Signale aus Berlin, wie es mit der Einspeisevergütung für Ökostrom weitergeht, viele Investoren verunsichert. „Viele Firmen haben dafür tolle Produkte entwickelt, die sie nun nicht mehr loskriegen“, schätzt Fiehler ein. „Da muss der Gesetzgeber ran und für mehr Planungssicherheit sorgen, sonst implodiert die ganze Energiewende.“

Fachkräfte-Mangel auch hausgemacht

Indes sei es verfehlt, den Schwarzen Peter allein den Politikern zuzuschieben. „Da ist einiges hausgemacht“, sagt Fiehler mit Blick auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Vor allem in den ingenieurtechnischen Berufen werde der Fachkräftemangel immer spürbarer. „Aber die Unternehmen müssen sich eben auch klarmachen: Wer nach Fachkräften ruft, der muss die Leute auch wie Fachkräfte bezahlen und nicht nur wie Helfer“.

Chemielabor an der TU Dresden. Abb.: TUD

Chemielabor an der TU Dresden. Abb.: TUD

Das höhere Lohnniveau im Westen sei indes nicht der einzige Grund, dass Dresden immer noch „nicht genug Klebekraft“ habe, um Akademiker, die an der TU oder der HTW studieren, auch hier zu halten. „Wenn mehr Unternehmen Diplomarbeiten betreuen, Stipendien ausschreiben oder auf andere Weise Studenten an sich binden würden, gebe es weniger Fachkräfteprobleme“, ist Fiehler überzeugt. Ähnliches gelte für den Ausbildungsmarkt, wo man wieder auf ein Rekordniveau offener Lehrstellen zusteuere.

„Dresden wirkt wie ein Staubsauger“

Dabei vergrößere sich die Schere zwischen Stadt und Land: „Dresden wirkt hier wie ein Staubsauger, der Lehrlinge und Fachkräfte aus dem ländlichen Raum wegputzt“, sagt Fiehler. „Und für die Unternehmen außerhalb des Ballungsraums potenziert sich dieser Effekt noch, weil es Berufsschulen im ländlichen Raum oft nicht mehr schaffen, ihre Klassen vollzubekommen. Da sagt sich dann mancher Azubi: Wenn ich für die Berufsschule ohnehin nach Dresden pendeln muss, dann such ich mir doch dort gleich auch eine Lehrstelle.“ Heiko Weckbrodt

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