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Blitz-Tsunamis schalten Superleitung ein und aus

Mit den starken Terahertz-Blitzen vom Freie-Elektronen-Laser im HZDR konnte das internationale Forscherteam Licht-Tsunamis im Supraleiter erforschen. Foto: HZDR/Bierstedt

Mit den starken Terahertz-Blitzen vom Freie-Elektronen-Laser im HZDR konnte das internationale Forscherteam Licht-Tsunamis im Supraleiter erforschen. Foto: HZDR/Bierstedt

Entdeckung Hamburger und Dresdner Forscher könnte Schlüssel zu Supraleit-Rechnern liefern

Hamburg/Dresden, 29. März 2013: Tsunamis aus Terahertz-Blitzen können in bestimmten Materialien gezielt Supraleitung ein- oder ausschalten, also an gewünschten Stellen dafür sorgen, dass Strom widerstandslos geleitet wird. Dies konnte nun der Hamburger Planck-Forscher Prof. Andrea Cavalleri in einer Großforschungsanlage am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) nachweisen. Die Entdeckung könnte den Schlüssel zu neuartigen Supraleit-Computern liefern, die deutlich effektiver arbeiten als heutige Großrechner.

Ein Soliton auf seinem Weg durch den Supraleiter. Schema: Jörg Harms / MPSD & CFEL

Ein Soliton auf seinem Weg durch den Supraleiter. Schema: Jörg Harms / MPSD & CFEL

Cavalleri, der eigentlich am Hamburger Max-Planck Institut für die Struktur und Dynamik der Materie tätig ist, war nach Dresden gekommen, um dort die Terahertz-Laser zu nutzen, die am kürzlich aufgerüsteten Elektronenbeschleuniger ELBE installiert wurden. Mit dem Laser erzeugte er in Paare entgegengesetzter Wirbel in stapelartig aufgebauten Supraleitern. Die Wirbel rasten dann als Soliton-Welle durch die Probe und öffneten oder schlossen an den Zielorten kleine Tunnel, durch die der Strom dann supraleitend von Schicht zu Schicht springen konnte.

Soliton-Wellen können kilometerweit rasen

„Soliton-Wellen“ werden dem einen oder anderen vielleicht noch aus einer Folge der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ in Erinnerung sein, wo sie als Superantrieb genutzt werden soll. Dabei handelt es sich um Wellenpakete, die sehr weit reisen können, ohne ihre Form zu verlieren. Die zerstörerischen Megawellen, die Tsunamis, auf dem Meer sind ein Beispiel dafür. Entdeckt wurden sie 1834 von dem Ingenieur John Scott Russell, der an einem schottischen Kanal kilometerweit neben einer einzelnen Wasserwelle her ritt, ohne dass sie abebbte.

Einen ähnlichen Effekt nutzten nun Prof. Cavalleri und seine Kollegen aus Dresden, Großbritannien und Japan. Nur dass ihre Solitons eben nicht von Wasser erzeugt wurden, sondern von wenige Billionstel Sekunden (Picosekunden) kurzen Wellenpaketen aus hochfrequenter Strahlung. Denkt man die Möglichkeit weiter, widerstandsfreien Stromfluss an gewünschten Stellen mit solchen Lichttsunamis ein- und ausschalten zu können, so entspricht das den Informationswerten „0“ und „1“, also den Basiswerten binärer Informationsverarbeitung in Computerchips.

Physiker Dr. Wolfgang Seidel bei Einstellungsarbeiten am Freie-Elektronen-Laser im HZDR. Foto: Frank Bierstedt

Physiker Dr. Wolfgang Seidel bei Einstellungsarbeiten am Freie-Elektronen-Laser im HZDR. Foto: Frank Bierstedt

Terahertz-Ausbau in Dresden-Rossendorf geplant

Derzeit sind die Rossendorfer Forscher nun dabei, ihre Terhertz-Quellen auszubauen: Mit „TELBE“ wollen sie eine „Superradianz“-Anlage installieren, die noch intensivere Impulse im gesamten Bereich von Terahertz-Strahlung bis hin zu drei Millimetern Wellenlänge erzeugen kann. TELBE soll in den kommenden Jahren schrittweise in Betrieb gehen.

Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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