Anvo, Fraunhofer und X-Fab kooperieren: Verschleißüberwacher im Körper hält sogar Gamma-Strahlen stand
Dresden, 6. November 2012: Durch den demografischen Wandel steigt der Bedarf an künstlichen Hüftgelenken und anderen „Reparatur“-Implantaten für den Menschen. Und die sollen dann aber bitte schön auch lange halten, denn keiner will sich ständig auf den OP-Tisch legen. Helfen soll dabei ein elektronisches Verschleiß-Überwachungssystem, das das Dresdner „Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme“ (IPMS) und die junge Chipdesign-Firma „Anvo-Systems Dresden“ entwickeln: Das „System on Chip“ (SoC) vereint Verschleißsensoren, Kontrollelektronik, „merkfähige“ Speicher und ein Funkmodul (RFID), die selbst die Gamma-Strahlung bei der Sterilisation vor der Operation wegstecken und jahrelang mit minimalen Stromverbrauch funktionieren. Hergestellt werden die Entwürfe von der Dresdner Chipfabrik von „X-Fab“.
Intelligentes Implantat soll Alarm schlagen, bevor die Schmerzen beginnen
„Stellen Sie sich ein künstliches Hüftgelenk vor, das jahrelang Dauerbelastungen ausgesetzt ist“, erklärt Anvo-Chef Stefan Günther den Hintergrund der gemeinsamen Entwicklung mit den Fraunhofer-Forschern. „Da verändert sich mit der Zeit das Spiel zwischen den beweglichen Teilen, da nutzen sich Oberflächen ab.“ Dies zu überwachen und per Funk zu melden, wenn ein Austausch vonnöten ist – und zwar nicht erst, wenn der Patient schon unter Dauerschmerzen leidet –, sei eine Aufgabe des neuen Moduls.
„Den Chirurgen beziehungsweise Orthopäden wird damit zukünftig ein neues System zur Verfügung stehen, das es mit geringem Aufwand ermöglicht, den Erfolg einer Hüftprothesenimplantation zu beurteilen“, heißt es in einer IPMS-Einschätzung über die Perspektiven „intelligener Implantate“.
In Zukunft Adleraugen-Upgrade für Patienten per Funk?
Auch der Einsatz für andere Implantate ist vorstellbar, auch mit Steuerungsfunktionen. „Und durch die RFID-Schnittstelle lassen sich sogar Software-Updates ohne Eingriff von außen aufspielen“, sagt Günther. Perspektivisch weitergedacht, klingt das fast wie Science Fiction: Man stelle sich vor, man könnte einem Patienten per Funk-Update eine höhere Lebensqualität verpassen – mehr Sehschärfe zum Beispiel oder ein besseres Gehör…
Firma wurzelte in früherer DDR-Chip-Schmiede ZMD
Anvo entstand 2009 – nach mehreren Besitzerwechseln über „Simtech“ und „Cypress“ – aus der ausgegliederten Speicher-Abteilung der Dresdner Chipschmiede ZMDi. Inzwischen hat die Firma 18 Mitarbeiter. Sie haben sich auf besonders schnelle, langlebige und energiegenügsame Speicher spezialisiert, die sich im Gegensatz zu klassischen Computer-Speichern ihre Daten dauerhaft merken – sogenannte „nvSRAMs“ in einer speziellen Anvo-Variante.
„Wir haben uns da zahlreiche technologische Details einfallen lassen, die unsere Speicherlösungen ganz besonders zuverlässig und effizient machen“, betont Günther. Nachdem man nun wichtige eigene Kernprodukte fertig entwickelt habe, rechne man in den kommenden Jahren mit einem deutlichen Wachstum: Die Jahresumsätze sollen von derzeit unter einer Million Euro in ein paar Jahren auf „zweistellige Millionenbeträge“, der Personalstamm auf etwa 30 Köpfe wachsen, prognostizierte Günther.
X-Fab und Anvo kooperieren bei Speichertechnologie
Ein eigenes Werk hat das Unternehmen nicht. Herstellen lässt es seine Chipentwürfe in der ehemaligen ZMD-Fabrik, die jetzt dem Auftragsfertiger „X-Fab“ gehört. Diese Kooperation wollen Anvo und X-Fab nun ausbauen: Der Auftragsfertiger stellt künftig nicht nur Chips für Anvo her, sondern darf dessen spezielles Know-How für nichtflüchtige SRAM-Speicher, die sich Daten ohne Stromzufuhr dauerhaft merken, auch anderen Kunden anbieten. Bisher war X-Fab, deren Hauptsitz in Erfurt ist, vor allem auf gemischt analog-digitale Schaltkreise und neuerdings auf Mechanisch-elektronische Mikrosysteme (MEMS) spezialisiert. Heiko Weckbrodt
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