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Dresdner Fraunhofer-Forscher entwickeln Handy-Lotsen für Klinik-Irrgärten

Das Krankenhaus-Navi in Aktion. Abb.: IPMS

Das Krankenhaus-Navi in Aktion. Abb.: IPMS

Dresden, 22. Oktober 2012: In Arzt-Filmen sieht das immer ganz einfach aus: Ein Unfallopfer wird ins Krankenhaus eingeliefert und sofort sind die richtigen Chirurgen und Spezialgeräte für genau diese Verletzung zur Stelle. In der Praxis ist es für große Klinken mit zahlreichen Stationen, Häusern und Etagen dagegen manchmal gar nicht so einfach, alle benötigten Anlagen sofort zu orten und die Spezialisten zusammen zu trommeln. Abhilfe soll da ein Haus-Navigationssystem schaffen, das Dresdner Fraunhofer-Forscher zusammen mit der Schweizer Firma LPS nach dem Vorbild der bekannten „Auto-Navis“ kreiert haben – nur eben für Innenräume, in die kein GPS-Satellit schauen kann.

Hans-Jürgen Holland. Abb.: IPMS

Hans-Jürgen Holland. Abb.: IPMS

„Denken Sie beispielsweise an eine Intensiv-Station“, erklärt Teamleiter Hans-Jürgen Holland vom „Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme“ (IPMS) Dresden ein Szenario. „Da werden die Patienten eingeliefert, mit dem verfügbaren Equipment versorgt und dann mit diesen Geräten in die Fachstationen verlegt. Hinterher beginnt dann oft die Suche nach dem Motto: Wo ist unsere Infusionspumpe nun eigentlich gelandet?“ Und andererseits sei es auch für Krankenhaus-Besucher oft schwierig, sich im teils labyrinthischen Gewirr von Fluren, Zimmerfluchten und Stationen großer Klinken zurecht zu finden.

Indoor-Navi von Fraunhofer setzt auf standardtechnik statt Spezial-Hardware

Zwar gibt es für solche „Indoor“-Navigationszwecke bereits Speziallösungen auf dem Markt, diese sind aber meist aufwendig, teuer und inkompatibel zu anderen Systemen. Daher haben sich die Fraunhofer-Forscher eine viel simplere Lösung ausgedacht, um Menschen durch die Spital-Irrgärten zu lotsen sowie gefragte Ärzte und Technik schnell zu orten: Sie setzen auf drahtlose WLAN-Funknetze, wie sie inzwischen sehr viele große Unternehmen und Institutionen hausintern nutzen – und die allgegenwärtigen Computertelefone (Smartphones), die aus unseren Alltag kaum noch wegzudenken sind.

App für Android-Telefone entwickelt

Das Team um Holland hat dafür eine „App“, ein Mini-Programm für Telefone mit Googles Betriebssystem „Android“ entwickelt, die im Hause navigieren kann, in dem sie die Position des Handys relativ zu den WLAN-Sendestationen ausmisst. Nötig ist dafür zwar ein gut konfiguriertes Funknetz, das bis in die letzten Ecken reicht – deshalb sind auch die Schweizer WLAN-Spezialisten von LPS an Bord. Ansonsten handelt es sich aber um eine Lösung mit Standardtechnik, die ohnehin vielerorts vorhanden ist. Und die App kann eben nicht nur Krankenhaus-Personal und -Gäste zu ihren Zielen navigieren, sondern auch die Position von Oberärzten, Krankenschwestern, Apparaturen und dergleichen im Notfall anzeigen – sie müssen nur ein WLAN-fähiges Gerät dabei haben.

Präsentieren wollen die IPMS-Wissenschaftler ihre Lösung demnächst auf der Medizin-Fachmesse „Medica“ (14.-17. November 2012) in Düsseldorf. Auch mit potenziellen Anwendern in Dresden wie dem Universitätsklinikum gebe es Gespräche über einen Einsatz, sagte Holland.

Die Einsatzmöglichkeiten der Haus-Navigation gehen laut dem Forscher aber über Krankenhäuser hinaus: „Auch Industriebetriebe und andere große Unternehmen, die WLAN-Netze verwenden, könnten davon profitieren“, ist er überzeugt. Mit möglichen Anwendern aus der Wirtschaft sei das Institut ebenfalls im Gespräch. Heiko Weckbrodt

Stichwort „Indoor-Navigation“

Klassische Navigationgeräte sind – ebenso wie Smartphones mit GPS-Chip und Navi-App – auf halbwegs freie Sicht auf die Satelliten des US-Ortungssystems „GPS“ angewiesen. Wolken sind für die Geräte kein Problem, wohl aber feste Wände und Decken. Einige Flughäfen, große Lager und andere ausgewählte Anwender verwenden oft Mikrofunk-Zellen oder GPS-Haussendestationen, um Navi-Systeme auch innen („Indoor“) einsetzen zu können. Dies setzt aber eben die Installation spezieller Technik voraus.

Handyfunk- wie auch WLAN-gestützte Ortungssysteme triangulieren ihre Position durch den Abstand zu den nächsten Funkstationen – eine gewisse Signalstärke vorausgesetzt. Auf solch ein Prinzip setzt auch das Fraunhofer-System, das den zusätzlichen Charme hat, dass WLAN-Netze in vielen größeren Unternehmen und Instituten ohnehin anliegen, um den internen Datenverkehr abzuwickeln, Videos drahtlos zu senden und dergleichen. In der IPMS-Variante wird auf ein WLAN der 3. Generation mit recht hohem Datendurchsatz gesetzt. Um eine gleichmäßige „Ausleuchtung“ zu erreichen, simulieren die Schweizer Projektpartner zunächst auf dem Computer das Datenfunknetz, um eine günstige Position für die dann zu installierenenden Sende-Emfangs-Stationen („Hotspots“) zu ermitteln. hw

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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