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Fraunhofer hält an CNT-Auflösung fest – Elektronikkonzerne kämpfen um Erhalt

CNT-Chef Peter Kücher mit einem Teil seines Reinraum-Teams. Abb.: CNT

CNT-Chef Peter Kücher mit einem Teil seines Reinraum-Teams. Abb.: CNT

Dresden/München, 9. Oktober 2012: Im Vorfeld der entscheidenden Senatssitzung in München kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die Fraunhofer-Gesellschaft wohl an der Schließung des Dresdner Nanoelektronikzentrums „CNT“ festhalten und die 50 Mitarbeiter versetzen will. Der Plan. Das Zentrum wird wahrscheinlich als selbstständige Einrichtung aufgelöst, der Standort im ehemaligen Qimonda-Reinraum – der jetzt Infineon gehört – aufgegeben und mehrere CNT-Abteilungen an das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in Dresden-Klotzsche angegliedert.

Aus Sicht der großen Dresdner Halbleiterunternehmen sind in diesen Punkten die Würfel aber noch nicht gefallen. Chip-Auftragshersteller Globalfoundries (GF) und Halbleiterhersteller Infineon bekräftigten auf Oiger-Anfrage ein starkes Interesse am Erhalt des Zentrums.

Globalfoundries: „Thema CNT ist für uns nicht vom Tisch“

Rutger Wijburg. Abb.: GF

Rutger Wijburg. Abb.: GF

„Das Thema ,CNT‘ ist für uns nicht vom Tisch“, betonte GF-Sprecher Jens Drews. Auch der Dresdner GF-Chef Rutger Wijburg unterstrich: „Für uns ist dieses Zentrum wichtig“.

Zugleich konnte sich Wijburg einen Seitenhieb auf den früheren Fraunhofer-Präsidenten Hans-Jörg Bullinger – der kurz vor der Staffelstabübergabe an Reimund Neugebauer die Auflösungspläne noch publik gemacht hatte – nicht verkneifen: „Es ist ärgerlich, dass diese Diskussion jetzt über die Presse ausgetragen wird“, sagte er.

Fraunhofer: Selbstständigkeit geht auf jeden Fall flöten

Das ist mittlerweile auch der Fraunhofer-Gesellschaft (FHG) aufgegangen. „Die angekündigte Schließung aus wirtschaftlichen Gründen sorgte vor allem am Industriestandort Dresden für Aufsehen“, räumte FHG-Sprecher Franz Miller in München ein. „Dass aber die Forschungsaktivitäten des CNT fortgeführt werden sollen, darüber bestand eigentlich immer Einigkeit“, versuchte er heute zu beschwichtigen. „Die Frage ist nur: In welcher Form? Jedenfalls nicht als selbstständige Einheit.“

Derweil betonte Wijburg, dass GF immer noch mit Fraunhofer über eine Zukunft des Zentrums verhandele und bereit sei, künftig weitere Entwicklungsaufträge an das CNT zu vergeben.

Infineon und Globalfoundries schließen direkte Beteiligung aus

Globalfoundries war bereits einmal für das Nanoelektronikzentrum eingesprungen: 2005 war das CNT nämlich als „Privat-öffentliche Partnerschaft“ zwischen Fraunhofer und dem Speicherchip-Konzern entstanden – als Qimonda 2009 pleite ging, wurde GF Hauptauftraggeber. Eine direkte Beteiligung am CNT wie seinerzeit Qimonda schloss Wijburg indes aus.

Helmut Warnecke. Abb.: Silicon Saxony

Helmut Warnecke. Abb.: Silicon Saxony

Ähnlich äußerten sich auch die Dresdner Infineon-Geschäftsführer Pantelis Heidas und Helmut Warnecke. Aber: „Wir sind an der Fortführung des CNT und seiner Forschungsaktivitäten bei uns interessiert“, sagte Warnecke. Derzeit prüfe Infineon, inwieweit man künftig Entwicklungsaufträge an die forschenden Mieter vergeben könne – obwohl das CNT-Profil nicht ganz zum Infineon-Portefeuille passe.

Für Infineon ist der CNT-Erhalt vor allem in zwei Hinsichten wichtig: Zum einen ist da die industriepolitische Dimension. Warnecke ist nämlich in Personalunion auch im Vorstand im sächsischen Branchenverband „Silicon Saxony“ und für den ist das Nanoelektronikzentrum ein wichtiger Baustein für den Mikroelektronik-Standort.

CNT für Infineon auch als Reinraum-Mieter wichtig

Aber das CNT ist für Infineon auch schlicht ein zahlender Mieter: Als der Logikchiphersteller im vergangenen Jahr den großen Qimonda-Reinraum nebenan vom Insolvenzverwalter kaufte, machte der zur Bedingung, dass Infineon den kleineren Reinraum, in dem das CNT sitzt, mitkauft. Mittlerweile hat sich der Chiphersteller dort zwar auf etwa 3/4 der Fläche ausgebreitet. Aber wegen der Umsatzschwäche des Mutterkonzern gilt vorerst einen Erweiterungsstopp. Was heißt: Ein zahlender Mieter und Mitfinanzier der Reinraum-Infrastrukturkosten ist im Moment sehr willkommen.

CNT-Chef: Haben jetzt Industrieaufträge für eine Million Euro

Umgekehrt gehört gerade die Forschungslinie auf 300-Millimeter-Wafern im Infineon-Reinraum zu den Alleinstellungsmerkmalen des CNT – aber auch zu den größten Kostentreibern. Selbst CNT-Chef Peter Kücher glaubt inzwischen nicht mehr recht an eine Zukunft als selbstständige Einrichtung – obwohl man die Einnahmesituation verbessert und für dieses Jahr Industrieaufträge für eine Million Euro akquiriert habe. „Aber es will mir nicht einleuchten, warum hier eben erst eine Allianz wie ,Silicon Europe‘ gegründet wird und dann so ein wichtiger Baustein dafür wie das CNT eingestampft werden soll“, sagte er. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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