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SLUB Dresden: Wollen gesamte Bibliothek aufs iPad bringen

Digital auf Daten zugreifen und doch in die Bibliothek gehen - für Tausende SLUB-Besucher keinj Widerspruch. Abb.: SLUB

Digital auf Daten zugreifen und doch in die Bibliothek gehen - für Tausende SLUB-Besucher keinj Widerspruch. Abb.: SLUB

Elektronische Zugriffe in Dresdner Uni-Bibliothek überrunden klassische Buch-Ausleihen

Dresden, 1.6.2012: Die Sächsische Landes- und Uni-Bibliothek SLUB in Dresden sieht sich im Zentrum eines digitalen Wandels: Die Zahl der Zugriffe auf elektronische SLUB-Bestände hat im vergangenen Jahr bereits die Entleihungszahlen bei Papierbücher und anderen klassischen Medien übertroffen. Man stehe vor dem „vielleicht gewaltigsten historischen Umbruch“ für die Bibliotheken, heißt es im neuen Jahresbericht der SLUB. Die mahnt gleichzeitig vom Land Sachsen nach Jahren stagnierender Zuweisungen höhere Zuschüsse an, um diesen Umbruch zu bewältigen.

Prof. Thomas Bürger. Abb.: SLUB

Prof. Thomas Bürger. Abb.: SLUB

„Die Bibliothek der Zukunft ist die Spinne im Netzwerk beschleunigter Information“, zeigte sich SLUB-Generaldirektor Thomas Bürger überzeugt. „Mit ihren Dienstleistungen auf Smartphones und iPads wird sie zunehmend raum- und zeitunabhängig verfügbar. Und sie bleibt doch ein gesuchter Ort der Entschleunigung, der Konzentration beim lebenslangen Lernen.“

Mehr Digitalnutzer und doch mehr Besucher

Prosaischer in Zahlen ausgedrückt, sieht das so aus: 2011 liehen Studenten, Professoren und andere Nutzer in der SLUB 2,24 Millionen Bücher und andere klassische Medien aus, das waren 5,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig stieg die Zahl der Volltextzugriffe auf elektronische Medien auf 2,7 Millionen. Nun mögen zwar Buchleihen und digitale Zugriffe nicht 1 zu 1 vergleichbar sein, aber der Trend hin zur digitalen Nutzung ist dennoch unübersehbar. Fast paradox mutet da an, dass dennoch die Zahl der physischen Bibliotheksbesuche um knapp zehn Prozent auf 2,24 Millionen zugenommen hat.

„Offensichtlich ist es für die studentischen Nutzer kein Widerspruch, einerseits möglichst viele Inhalte virtuell und mobil nachzufragen und andererseits einen zentralen Ort aufzusuchen, an dem sich Lernen und Leben materialisiert“, interpretiert die SLUB-Leitung.

Zettelkatalog rausgeflogen

Der große Lesesaal der Bibliothek. Abb.: SLUB

Der große Lesesaal der Bibliothek. Abb.: SLUB

Die Dresdner Bibliothekare haben indes nicht den Eindruck, dem digitalen Umbruch hinterherzuhecheln, sondern vielmehr voranzugehen. So habe man auf den „Pluralismus“ der Nutzerstile zum Beispiel reagiert, indem man die alten Zettelkataloge aus dem Eingangsraum entfernt und statt dessen Gruppenarbeitstische für Digitalleser aufgestellt habe. Auch kündigte Bürger an, die SLUB werde demnächst einen exklusiven Forschungslesesaal mit Extra-Services für Gastwissenschaftler sowie eine speziell auf ältere Semester, auf „Silver-Surfer“ ausgerichtete Leseecke mit besonders bequemen Sitzmöbeln einzurichten.

Drei Millionen Digitalisate im Jahr 2011 erzeugt

Auch in der „retrospektiven Digitalisierung“ hat sich die SLUB in den vergangenen Jahren im Deutschlandvergleich weit nach vorn gearbeitet: Im hauseigenen Digitalisierungszentrum scannen Roboter und andere Anlagen fast ununterbrochen alte Bücher, Drucke und Karten ein, um sie für den elektronischen Zugriff – und teils auch im Internet – zugänglich zu machen.

Die Scan-Roboter der SLUB digitalisieren bis zu 500 Buchseiten pro Stunde. Abb.: SLUB

Lag die Jahresleistung dieses SLUB-Zentrums im Jahr 2009 erst bei 981 000 Digitalbildern, ist sie 2011 auf über drei Millionen Scans gestiegen. Nach der Bayrischen Landesbibliothek liege die SLUB mittlerweile im Deutschlandvergleich auf Platz 2 in der Massendigitalisierung. „Wir wollen letztlich unsere gesamte Bibliothek aufs iPad, ins Internet bringen, kündigte Bürger an.

SLUB will mehr Geld vom Land

Zugleich warnte Generaldirektor davor, angesichts dieser Erfolge zu glauben, dass sich der Sparkurs des Landes bei den Bibliothekszuweisungen unbeschadet fortgesetzt werden könne. Der stagnierende Medien-Erwerbungsetat zum Beispiel trage den steigenden Preisen und den Herausforderungen des Medienwandels nicht Rechnung – daher habe die Bibliothek eine „Etatanpassung“ beim Freistaat beantragt. Gerade mit Blick auf die Exzellenzbewerbung der TU Dresden dürfe man nicht die dafür nötige Informations-Infrastruktur vergessen. „Innovationen gibt es leider nicht zum Nulltarif“, sagte Bürger. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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