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Facebook erobert Firmennetzwerke – Dresdner Telekomtochter wächst daran

Die T-Systems-Entwickler arbeiten auch an Präsentationen für die futuristischen "Surface"-Tische. Abb.: hw

Die T-Systems-Entwickler arbeiten auch an Präsentationen für die futuristischen "Surface"-Tische. Abb.: hw

Dresden, 24.2.2012: Weil der Internethandel für die deutsche Wirtschaft immer größeres Gewicht bekommt und viele Firmen das „Facebook“-Konzept in ihre Unternehmenskultur einbauen wollen, profitiert auch die Dresdner Telekom-Tochter „T-Systems Multimedia Solutions“. Die auf Online-Auftritte und -Läden spezialisierte Softwarefirma wächst auf immer mehr Flächen in das ehemalige Sozialrathaus an der Riesaer Straße hinein, schafft neue Jobs und legt auch beim Umsatz zu – für dieses Jahr peilt Geschäftsführer Peter Klingenburg 140 Millionen Euro an.

„Wir haben Kunden, für die haben wir vor Jahren das erste Mal einen Web-Auftritt oder einen eHandels-Platz eingerichtet“, erzählt Klingenburg. „Das war für sie damals ein Nebenschauplatz mit vielleicht fünf bis zehn Prozent Umsatzanteil. Seitdem ist ihr Absatz über das Internet derart gewachsen, dass das heute das Rückgrat ihres Unternehmens ist.“

Selbst Klamotten und Schuhe werden heute per Netz vertickt

Obgleich sich das Wachstum etwas verlangsamt habe, kenne der Online-Handel nur einen Trend: nach oben. „Immer mehr Firmen steigen da ein und machen immer mehr Umsätze“, sagt der Chef. Längst seien es nicht mehr nur klassische Artikel wie Computer, Bücher oder Spiele, die übers Netz vertickt werden: Selbst Klamotten und Schuhe – früher wegen der Anprobe-Problematik als ewige Domäne des lokalen Einzelhandels betrachtet – kaufen viele Deutsche nun im Netz.

Peter Klingenburg. Abb.: T-Systems

Peter Klingenburg. Abb.: T-Systems

Die breitere Fokussierung auf den Endkundenmarkt schaffe freilich auch logistische Herausforderungen: „Wenn früher elektronische Aufträge zwischen Firmen ausgelöst wurden, gingen ganze Paletten hin und her mit einer überschaubaren Reklamationsquote“, so Klingenburg. Das Endkundengeschäft hingegen bestehe aus unzähligen Einzelpaketen, die der Käufer am liebsten vorgestern geliefert haben will – und die Rückgabequote ist naturgemäß bei falsch eingeschätzten Kleider- und Schuhgrößen groß. Der Ruf nach sicheren Lösungen für solch komplexe Warenströme beschert den Dresdner Internetexperten viele Aufträge.

Umsatz kletterte auf 128 Millionen Euro

2011 verdoppelte das Unternehmen daher seine angemieteten Büroflächen an der Riesaer Straße auf rund 1600 Quadratmeter. Mittlerweile beschäftigt die Telekom-Tochter insgesamt 1269 Programmierer, Designer, Berater und andere Mitarbeiter – 137 mehr als im Vorjahr. 1033 davon sind am Hauptstandort Dresden beschäftigt. Durch die Entwicklung, den Aufbau und die Betreuung von Unternehmensportalen, Internetläden, Handy-Programmen und andere Software-nahe Dienstleistungen erwirtschaftete sie 2011 einen Umsatz von 128 Millionen Euro, das entspricht einem Plus von sieben Prozent.

Präsentationen für futuristische Computertische

Zu den neuesten Projekten gehören unter anderem interaktive Zeitschriften für Apples Tablettrechner „iPad“ und Modepräsentationen am „Surface“-Tisch. Bei „Surface handelt es sich um einen Tisch mit einem sensorengespickten Bildschirm als Platte, dessen Bilder und Videos der Kunde in einer intuitiven Wischtechnik wie beim iPad aufruft, der aber durch seine elektronischen Augen beispielsweise Bonus-Karten oder Produkte erkennt, die der Nutzer auf die Platte legt und dazu dann passende Informationen ausspuckt.

Firmennetzwerke nach Facebook-Strickmuster

Neben dem Boom im Internethandel sei aber vor allem der Trend hin zum „Social Intranet“ ein Wachstumstreiber, betonte Klingenburg. Denn in Anlehnung an das Wikipedia-Prinzip im freien Internet und die sogenannten „Sozialen Netzwerke“ wie Facebook, Google+ oder Xing wollen nun immer mehr Firmen diese offene und flexible Art des Austauschs und der Wissens-Sammlung auch für ihre unternehmensinterne Kommunikation einsetzen.

„Unternehmen, die anziehend für junge Fachkräfte sein wollen, müssen ihnen auf der Arbeit eine offene digitale Infrastruktur bieten, mit der sie aufgewachsen sind, die sie privat gewohnt sind“, meint Klingenburg. Die Dresdner programmieren ihren Kunden daher Netzwerke, in denen Chef und Mitarbeiter wie auf Facebook offen miteinander diskutieren können. In denen der Geschäftsführer zum Beispiel neue Personalentscheidungen und Geschäftszahlen einstellt, zu denen jeder seinen Senf dazu geben kann – bis hin zu elektronischen Abstimmungen.

Die Telekomtochter setzt solch ein Referenzsystem auch selbst ein – kürzlich zum Beispiel stellte Klingenburg dort Design-Varianten für den neuen Internetauftritt der Firma zur Abstimmung. Ob er sich an das Mitarbeiter-Votum gehalten hat? „Nein“, räumt er ein, „ein Unternehmen ist ja keine Demokratie. Aber die Anregungen, die dabei kamen, haben wir in die Endfassung eingearbeitet.“ Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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