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Rossendorfer wollen künstlichen Planetenkern zünden

Der Dres-Dyn soll die Verhätnisse in einem Planetenkern aus wirbelndem Flüssigmetall simulieren. Abb.: NASA, Montage: hw

Der Dres-Dyn soll die Verhätnisse in einem Planetenkern aus wirbelndem Flüssigmetall simulieren. Abb.: NASA, Montage: hw

Um die 100 Millionen Euro Investitionen im Forschungszentrum geplant

Helmholtz-Gemeinschaft, Bund und Land werden in den nächsten fünf Jahren über 100 Millionen Euro in das Rossendorfer Forschungszentrum bei Dresden investieren. Die wohl spektakulärsten geplanten Großforschungsgeräte sind der „Dres-Dyn“ – eine Art künstlicher Planetenkern aus Flüssigmetall – und ein Petawatt-Laser, der neue Wege der Krebs-Therapie eröffnen soll. Auch will Direktor Prof. Roland Sauerbrey das Profil des Zentrums weiter schärfen und hat zwei neue Institute eingerichtet.

Der „Dres-Dyn“ (steht für Dresdner planetarer Dynamo, hat aber nichts mit Fußball zu tun) wird von den Dresdnern selbst konstruiert und soll Aufschlüsse über die Entstehung und die Dynamik des Magnetfeldes der Erde und extraterrestrischer Planeten liefern. „Das wird technologisch eine große Herausforderung“, meint Sauerbrey.

Acht Tonnen flüssiges Metall

Direktor Roland Sauerbrey. Abb.: HZDR

Direktor Roland Sauerbrey. Abb.: HZDR

Denn um einen künstlichen Planetenkern zu simulieren, wollen die Rossendorfer einen mehrachsig rotierenden Zylinder mit bis zu zwei Metern Durchmesser bauen, der mit acht Tonnen flüssigem Natrium gefüllt wird. Mit bis zu zehn Umdrehungen je Sekunde wird er das flüssige Metall in teils chaotischen Wirbeln wie im Erdkern umwälzen und dabei enorme Kreiselkräfte entfalten. Daher ist ein massives Fundament für den Dres-Dyn notwendig. Der Antriebs-Zahnkranz und das ganze Gebäude werden Spezialanfertigungen sein. Auch die Sicherheitsanforderungen sind sehr hoch, denn flüssiges Natrium entflammt sofort bei Luftkontakt.

Rund 22 Millionen Euro soll dieses Großforschungsgerät etwa kosten, finanziert von der Helmholtz-Gemeinschaft – zu der das Zentrum seit einem Jahr gehört –, dem Bund und dem Land. 2016 soll sich der künstliche Planetenkern das erste Mal drehen – „und dann hoffen wir, dass ein Magnetfeld entsteht“, sagt Sauerbrey. Dies wäre dann das erste Mal, dass die Entstehung des Erdmagnetfeldes ohne äußere Nachhilfe, nur durch die wirbelnden Metallflüsse, simuliert werden kann.

Dres-Dyn simuliert Erdschutzschild

Mit dem Dres-Dyn wollen die Rossendorfer dann vor allem erforschen, warum und nach welchen Eigengesetzen sich das reale Erdmagnetfeld – das die Menschheit wie ein Schutzschild vor der tödlichen kosmischen Strahlung bewahrt – im Laufe der Jahrhunderte immer wieder umpolt, mal stärker, mal schwächer wird.

Im beschleuniger gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen. Abb.: hw

Im beschleuniger gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen. Abb.: hw

Bereits in zwei oder drei Jahren soll ein weiteres innovatives Forschungsgerät fertig sein, dessen Kosten noch gar nicht abzuschätzen sind, aber auch wohl im zweistelligen Millionenbereich liegen: ein eigenkonstruierter Laser mit einer Pulsleistung von über einer Billiarde Watt (= Petawatt. Das mit gepumpten Laserdioden betriebene Gerät soll unter anderem die Protonen-Krebstherapie revolutionieren.

Denn Ionen (Atomrümpfe) und Protonen sind viel zielgenauer als konventionelle Quellen heutiger Strahlentherapien. Die Protonentherapie wird schon jetzt gelegentlich zur Behandlung von Hirntumoren eingesetzt, da sie durch ihre Präzision das umliegende Gewebe schont. Allerdings ist sie teuer und selten, da nur Großbeschleuniger die schweren Teilchen auf das nötige Tempo bringen.

Petawattlaser gegen den Krebs

Ein Petawatt-Laser aber wäre eine kompaktere Lösung, um Protonen so lange zu „schubsen“, bis sie den richtigen Schwung haben. Mit sieben Metern Länge ist er zwar auch nicht gerade klein – aber weit kleiner und billiger als Ringbeschleuniger. Damit könnten sich auch normale Krankenhäuser eine Protonentherapie im eigenen Hause leisten. Gelingt der Prototyp in Rossendorf, bekommt die Dresdner Uni-Klinik einen zweiten Petawatt-Laser für klinische Studien, in deren Zuge Krebspatienten in Dresden behandelt und Wege untersucht werden sollen, neben Hirntumoren auch andere Karzinome zu behandeln.

Internationale Spitzenliga im Blick

Dr. Peter Michel vor dem Ausbau-Abschnitt des ELBE-beschleunigers - die dicken Türen dienen dem Strahlenschutz. Abb.: hw

Dr. Peter Michel vor dem Ausbau-Abschnitt des ELBE-beschleunigers - die dicken Türen dienen dem Strahlenschutz. Abb.: hw

Beide Projekte sind nur zwei Mosaiksteine in einem mittelfristigen Programm, das das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) in eine neue internationale Liga heben soll. In diesem Zuge hat der Direktor zu Jahresbeginn zwei neue Institute gegründet, die sich auf „Ressourcenökologie“ und „Fluiddynamik“ konzentrieren.

Platin aus Straßenstaub

Das erstere beschäftigt sich zum Beispiel mit Wegen, um die deutsche Hightech-Industrie langfristig mit Seltenen Erden und anderen strategischen Rohstoffen zu versorgen – und sei es auch durch neue Recycling-Technologien alter Bergbauhalden im Erzgebirge. Dabei scheuen sich die Forscher nicht, im Dreck zu wühlen. „Straßenstaub zum Beispiel ist eine hervorragende Quelle, um Platin wiederzugewinnen“, sagt Sauerbrey – gemeint ist der Platin-Abrieb aus Auto-Katalysatoren.

450-mm-Chip-Wafer im Visier

Mit einer neuen Spulen-Generation wollen die Rossendorf den 100-Tesla-Rekord knacken. Abb.: HZDR

Mit einer neuen Spulen-Generation wollen die Rossendorf den 100-Tesla-Rekord knacken. Abb.: HZDR

Das neue Fluid-Institut wiederum setzt sich mit Metallflussprozessen auseinander, wie sie in Chemiebetrieben, Gießereien und Kernreaktoren eine Rolle spielen. Ein besonders ehrgeiziges Projekt widmet sich der Siliziumkristallzüchtung für die Chipindustrie.

Denn die Verlautbarungen von Intel, TSMC und anderen Branchengrößen deuten darauf hin, dass diese nun doch auf größere Siliziumscheiben (Wafer) umsteigen wollen, die 450 statt 300 Millimeter messen. Wie die hochreinen Kristalle gezüchtet werden können, damit setzen sich die Rossendorfer gemeinsam mit einem – noch ungenannten – hiesigen Industriepartner auseinander.

Millionen-Investitionen auch im Hochfeld-Magnetlabor

Weitere, jeweils zweistellige Millionenbeträge fließen in den Ausbau des Elektronenbeschleunigers ELBE sowie des Hochfeldmagnetlabors – und in ein neues „Zentrum für radiopharamzeutische Tumorforschung, das von 2103 bis 2016 für etwa 30 Millionen Euro gebaut werden soll. Heiko Weckbrodt

Prof. Joachim Wosnitza zeigt die Kondensatorbank, die die Energiestöße für die Spulen vorspeichert. Abb.: hw

Prof. Joachim Wosnitza zeigt die Kondensatorbank, die die Energiestöße für die Spulen vorspeichert. Abb.: hw

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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