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10.000 Schnipsel in 33 Tagen zu 5 Geheimdienstdokumenten rekonstruiert

Die geschredderten DARPA-Dokumente. Abb.: DARPA

Die geschredderten DARPA-Dokumente. Abb.: DARPA

Arlington, 3.12.2011: Ein kleines Team aus San Francisco hat eine Schnipselrätsel der US-Militärforschungsagentur DARPA (Arlington) gelöst und damit ein Preisgeld von 50.000 Dollar (37.300 Euro) gewonnen. Die Gruppe kombinierte Hightech und menschliche Intelligenz und setzte so binnen 33 Tagen fünf fiktive Geheimdienst-Dokumente wieder zusammen, die die DARPA zuvor in rund 10.000 Teile zerschnipselt hatte.

„Viele Experten waren skeptisch, dass die Lösung ins solch kurzer Zeit gefunden werden kann“, kommentierte Dan Kaufmann, Direktor des DARPA-Büros für Informationsinformation, den Erfolg. „Die effektivsten Ansätze waren nicht rein computerbasiert, sondern kombinierten diese Techniken mit Detektivmethoden.“ So war es auch bei den Preisträgern: Die Gruppe aus San Francisco hatte computerbasierte Bilderkennungs-Algorithmen eingesetzt, die Rechner lieferten dann dem menschlichen Zusammensetz-Team Vorschläge, welche Schnipsel zusammenpassen könnten.

Eines der Rätsel auf den zusammenzusetzenden Unterlagen: Ermittelt werden mussten hier Ortsangaben. Abb.: DARPA

Eines der Rätsel auf den zusammenzusetzenden Unterlagen: Ermittelt werden mussten hier Ortsangaben. Abb.: DARPA

Um den Wettbewerb anspruchsvoller zu gestalten, hatte die DARPA nicht nur gefordert, dass die fünf geschredderten Testdokumente wieder richtig zusammen gesetzt werden sollten, sondern dass auch die darin enthaltenen Rätsel richtig gelöst werden. Dabei handelte es sich teils um verschlüsselte Texte, teils um Ortsangaben und Referenzen, die in den Dokumenten aufzuspüren waren. Beteiligt hatten sich an diesem Wettbewern insgesamt rund 9000 Teams. Letztlich dürfte es der amerikanischen Verteidigungsagentur wohl darum gegangen sein, bessere Methoden für echte Schlapphüte zu finden, um konspirativ besorgte Unterlagenreste aus Feindeshand zu verwerten.

Nach der Wende kassierte die CIA wichtige Stasi-Unterlagen mit Klarnahmen von Westspionen. Diese Daten gelangten als Rosenholtz-CDs später wieder zurück nach Deutschland. Abb.: BStU

Nach der Wende kassierte die CIA wichtige Stasi-Unterlagen mit Klarnamen von Westspionen. Diese Daten gelangten als Rosenholtz-CDs später wieder zurück nach Deutschland. Abb.: BStU

An einem ähnlichen Dilemma arbeiten Fraunhofer-Forscher und Archivare übrigens auch seit der politischen Wende in Ostdeutschland: Während die meisten Dokumente der Stasi-Inlandsabteilungen erhalten geblieben sind, hatte der Auslandsgeheimdienst des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) – die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) – einen großen Teil seiner Akten 1989/1990 durch den Reißwolf gejagt, als der politische Wandel und die Wiedervereinigung absehbar wurden. An der Rekonstruktion dieser Dokumente wird seitdem gearbeitet. Ein Teil der Daten wurde inzwischen auf anderen Wegen wiederentdeckt: Durch Backups der HVA und die sogenannten Rosenholtz-CDs, die über die CIA wieder zurück nach Deutschland gelangten.

Das „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“ (BSI) hat zum Thema sichere Aktenvernichtung übrigens fünf Sicherheitsstufen definiert, die man hier finden kann. Die Stufen sind gegliedert nach Partikelgröße und dem Aufwand, der zu deren Rekonstruktion notwendig ist. Bei Stufe 5 (Schnipselgröße maximal zehn Quadratmillimeter) gilt beim BSI: „Die Reproduktion der Informationen ist nahezu unmöglich.“ Ich danke meinem Bruder Torsten Weckbrodt für den Hinweis.

Heiko Weckbrodt

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt