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Dresdner Planck-Institut wird für 8,5 Millionen Euro aufgerüstet

Materialforschung am Dresdner Planck-Institut für Chemische Physik. Abb.: Mediaserver DD/ J. Lösel

Materialforschung am Dresdner Planck-Institut für Chemische Physik. Abb.: Mediaserver DMG/ J. Lösel

Dresden, 8.11.2011. Die Max-Planck-Gesellschaft wird in den kommenden zwei Jahren rund 8,5 Millionen Euro in den Ausbau und die technologische Aufrüstung ihres Dresdner Forschungsinstituts für Chemische Physik fester Stoffe (MPI-CPFS) investieren. Das teilten Institutssprecherin Dr. Liane Schröder und die neue Direktorin für anorganische Chemie, Prof. Claudia Felser, mit, auf deren Initiative ein Teil der Investitionen zurückgeht. Die 1962 in Aachen geborene Professorin der Uni Mainz tritt im Dezember die Nachfolge von Prof. Rüdiger Kniep an, der Mitte 2012 in den Ruhestand geht.

Prof. Claudia Felser. Abb.: Uni Mainz/ E. Lichtenscheid

Prof. Claudia Felser. Abb.: Uni Mainz/ E. Lichtenscheid

Das Institut an der Nöthnitzer Straße soll nun bis Ende 2013 zwei zusätzliche Flügeltrakte erhalten, deren Baukosten auf jeweils eine Million Euro veranschlagt sind. Für etwa 3,5 Millionen Euro schaffen sich die Forscher zudem ein modernes, hochauflösendes Elektronenmikroskop an, mit dem sie die Atomstruktur neuer Materialien anschauen wollen. Weitere drei Millionen Euro hat sich Felser ausbedungen, um eine Anlage für „Molekularstrahlepitaxie“ (MBE) zu installieren.

Denn im Zuge ihrer Berufung will die Professorin ihre 30-köpfige Forschergruppe von Mainz nach Dresden holen und hier neuartige Werkstoffe entwickeln, die zu energieeffizienteren Autos, innovativen Computerspeichern und Supraleit-Kabeln führen könnten, die Strom widerstandslos leiten. Diese sogenannten „Heusler-Verbindungen“ möchte sie mit der MBE-Anlage aus hauchdünnen Atomlagen designen.

Atomares Design wie mit einem Lego-Baukasten

„Man kann sich das wie einen Lego-Baukasten vorstellen“, sagt Felser. „Nur wenn man die richtigen Bausteine in der richtigen Farbe heraussucht, entsteht ein Häuschen – nimmt man die falschen, kommt nur Chaos heraus.“ So ähnlich sei es auch mit den Atomen, die sie einzeln zu neuen Heusler-Legierungen zusammensetzen will.

Solche Verbindungen hatte der deutsche Chemiker Friedrich Heusler erstmals vor 100 Jahren beschrieben. Sie bestehen aus je drei Elementen, die im Zusammenspiel völlig andere Eigenschaften haben als einzeln. „Kupfer, Aluminium und Mangan zum Beispiel sind einzeln nichtmagnetisch“, erklärt die Chemikerin. „Zusammen aber sind sie ferromagnetisch.“ Seit der Entdeckung 1903 wurden rund 1500 Heusler-Verbindungen gefunden, Felser sieht aber noch Tausende verheißungsvoller Kombinationen. Finde man die richtigen Legierungselemente, können man Materialien gezielt in Mikroelektronik-Halbleiter, thermoelektrische oder piezoelektrische Stoffe verwandeln.

Mögliche Anwendungen sind etwa Werkstoffe für den Automobilbau, die Auspuffwärme als Strom zurückgewinnen – heutige Autos verschwenden rund 60 Prozent des Energiegehalts im Benzin immer noch als Verlustwärme. Wenn man es richtig anstelle, könnten die Europäer mit solchen Heusler-Stoffen „einige japanische Patente aushebelt“, glaubt die 49-jährige Forscherin. Auch ökologisch und ökonomisch sei dies aussichtsreich, da man so giftige Elemente wie Blei oder teure wie Tellur durch unbedenklichere und billigere wie Nickel, Titan oder Zinn ersetzen könne. Kooperationspartner seien hier beispielsweise Bosch und BASF.

Heusler-Verbindungen für Spintronik-Computerchips

Die Spintronik soll den "Quantendrall" der Elementarteilchen für superschnelle Computerchips einspannen. Abb.: NASA, Montage: hw

Die Spintronik soll den "Quantendrall" der Elementarteilchen für superschnelle Computerchips einspannen. Abb.: NASA, Montage: hw

Auch an Spintronik-Computerfestplatten hat Felser mit dem US-Konzern IBM geforscht: Dabei sollen die „Spins“ (eine Art subatomare „Drehimpulse“) einzelner Elementarteilchen verwendet werden, um Daten zu speichern und zu verarbeiten. Dies mündete nun in ein europäisches Projekt für spintronische Speicherchips („MRAMs“), an dem unter anderem Seagate und der frantösische Thales-Konzern beteiligt sind.

Unternehmergeist wie in den USA fördern

Noch viele andere Anwendungen seien denkbar. Dafür müsse man aber neue Erkenntnisse der Grundlagenforschung, wie sie in der Max-Planck-Gesellschaft betrieben wird, auch rasch in die Praxis überführen. „Da können wir Einiges von Japanern, Chinesen und Amerikanern lernen, bei denen Unis und Unternehmen oft sehr eng zusammenarbeiten.“ Diesen Gedanken des zügigen Technologietransfers wolle sie auch in Dresden befördern. „Fragen Sie mal in Kalifornien einen exzellenten Studenten, was er mal werden will“, sagt sie. „Da werden Sie hören: Unternehmer. Die wollen alle kleine Steve Jobs werden. Diese Einstellung würde ich auch gern schon den Erstsemestern im Technologieland Deutschland einpflanzen.“ Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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