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IHK-Umfrage: Rekordstimmung in ostsächsischer Wirtschaft

Automobilzulieferer wie die Fahrzeugelektrik Pirna sind derzeit die Wachstumstreiber. Abb.: FEP

Automobilzulieferer wie die Fahrzeugelektrik Pirna sind derzeit die Wachstumstreiber. Abb.: FEP

Dresden, 28.10.2011: In der ostsächsischen Wirtschaft läuft es so gut wie lange nicht mehr. Das hat die Herbst-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden in 525 Firmen ergeben. Vor allem Export und gute Binnennachfrage kurbeln die Geschäfte an. Allerdings schauen die Unternehmer zunehmend skeptisch in die Zukunft, sie fühlen sich durch Euro-Krise und die gesenkten Konjunkturprognosen der Wirtschaftsforscher verunsichert, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Detlef Hamann. Zudem verliert Dresden langsam seinen Status als industrielles Zugpferd im Freistaat.

Detlef Hahmann. Abb.: IHK DD

Detlef Hahmann. Abb.: IHK DD

„Das Aufholtempo, mit dem unsere Wirtschaft die Krisenfolgen ausgleicht, hat auch mich überrascht“, sagte Hamann. „So eine gute Stimmungslage haben wir seit zehn Jahren nicht mehr gehabt.“ So schätzten 57 Prozent der befragten Firmen ihre Geschäftslage als „gut“ ein, nur sechs Prozent als „schlecht“. Der konjunkturelle Aufschwung stehe im Zenit, meint der IHK-Chef. „Ein Zenit bedeutet aber nicht unbedingt, dass es danach abwärts geht.“. Allerdings rechneten 13 Prozent der Unternehmer mit einem künftig schlechteren Geschäftsverlauf, während nur noch 17 Prozent eine Verbesserung erwarteten – bei der Umfrage im Frühjahr waren es noch 24 Prozent.

 

Wachsende Sorge bereiten den Firmenchefs die politischen Rahmenbedingungen. 26,9 Prozent der Befragten nannten diese als Risiko, vor einem halben Jahr waren es erst 19,7 Prozent. Hier spielen psychologische Faktoren eine Rolle, glaubt Hamann: „Die gesenkten Wachstumsprognosen für Deutschland und Sachsen haben sich herumgesprochen. Auch macht sich die Wirtschaft Sorgen, welche Auswirkungen die Euro-Krise auf Finanzierung und Exportaussichten hat.“

 

Gerade der Export ist einer der wichtigsten Wachstumstreiber im Kammerbezirk, zu dem neben Dresden der Raum Riesa-Meißen, die sächsische Schweiz mit Weißeritzkreis und die Region Oberlausitz-Niederschlesien gehören. Der wichtigste Wirtschaftszweig ist und bleibt hier zwar die Ernährungswirtschaft, die von der guten Binnennachfrage zehrt. Doch speziell in Dresden hängt jeder zweite umgesetzte Euro vom Auslandsgeschäft ab. Die Exportquote der Landeshauptstadt hat gegenüber dem Vorjahr sogar von 45,1 auf 52,3 Prozent zugelegt.

 

Dresden verliert Rolle als Industrie-Zugpferd

Dresden gilt als Hightech-Standort - doch in harten Umsatzzahlen betrachtet, ist die Ernäherungsmittelbranche weit größer. Abb.: IHK DD

Dresden gilt als Hightech-Standort - doch in harten Umsatzzahlen betrachtet, ist die Ernäherungsmittelbranche weit größer. Abb.: IHK DD

Getragen werden die Auslandsausfuhren vor allem von der Industrie – und da zeichnen sich für Dresden bedenkliche Verschiebungen ab. Der jüngste Aufschwung in der gesamten sächsischen Industrie nämlich wurde nicht so sehr von der sich erholenden Mikroelektronik im Elbtal getrieben, sondern vom Automobilbau, der in Leipzig konzentriert ist – man denke nur an die jüngsten Erweiterungen bei BMW und Porsche. Das hat dazu geführt, dass der Anteil des Kammerbezirks Dresden am sächsischen Industrieumsatz von 47 Prozent (2009) auf nun 38 Prozent gesunken ist – zu Gunsten von Leipzig und Chemnitz. Der Effekt wäre wohl noch stärker, wenn nicht die im Dresdner Umland ansässigen Zulieferfirmen vom Automobil-Boom mitprofitieren würden.

 

Trotz dieser Signale spürt Hamann aber keine Rezessionsängste. Dies spiegelt sich auch in den Investitions- und Personalplänen der befragten Unternehmen wieder, die per Saldo eher von einem Ausbau statt Abbau ausgehen.

 

Wachsende Sorgen macht der Wirtschaft aber der Fachkräftemangel. Bei der jüngsten Umfrage nannte bereits jedes dritte Unternehmen dies als Konjunkturrisiko. Da sieht Hamann eine Mitschuld der Firmen: „Da muss sich erst der Gedanke festigen, dass der, der Fachkräfte braucht, auch Fachkraftlöhne bieten muss.“ Die neuen EU-Regeln zur Arbeitnehmerfreizügigkeit hätten jedenfalls zu keinem Zustrom aus Polen und Tschechien geführt.

 

Idee: „Industrienächte“ sollen für den Standort trommeln

 

Die Exportstruktur in Sachsen wird wesentlich von Autos und Autotechnik bestimmt. Abb.: IHK DD/StatLA

Die Exportstruktur in Sachsen wird wesentlich von Autos und Autotechnik bestimmt. Abb.: IHK DD/StatLAChina ist Hauptabnehmerland der sächsischen Exporte. Abb.: IHK DD/ StatLA

Um fachlichen Nachwuchs zu gewinnen und die nationale und internationale Wahrnehmung Dresdens als Wirtschaftsstandort und nicht „nur“ als Kulturstadt zu stärken, hat Hamann eine Idee entwickelt: Er will die Kammer und die Unternehmen überzeugen, eine „Lange Nacht der Industrie“ in Anlehnung an die „Langen Nächte“ der Museen und Wissenschaft in Dresden ab dem kommenden Sommer auszurichten. Der Kammerchef denkt an kostenlose Bustouren, die Technikinteressierte zu einem ganzen Kursus von Betriebsführungen bringen. „Der Name ,Lange Nacht der Industrie‘ ist aber geschützt“, hat sich Hamann schon schlau gemacht. „Da werden wir uns noch etwas ausdenken müssen.“ Heiko Weckbrodt

 

China ist Hauptabnehmerland der sächsischen Exporte. Abb.: IHK DD/ StatLA

China ist Hauptabnehmerland der sächsischen Exporte. Abb.: IHK DD/ StatLA

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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