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Enno Coners editiert Bücher für die „Generation Heimcomputer“

Vom Diätkoch zum Verleger

Enno Coners und sein alter Heimcomputer. Abb.: CSW-Verlag

In jedem steckt ein Nerd: Enno Coners und sein alter Heimcomputer. Abb.: CSW-Verlag

Winnenden, 23.9.2011: Eigentlich hat er mal Koch gelernt, später sattelte er zum Kaufmann um, vor fünf Jahren machte er dann sein Hobby zum Beruf: Enno Coners, Jahrgang 1971, gründete Anfang 2006 den CSW-Verlag in Winnenden bei Stuttgart und bringt seitdem Nerd*-Krimis, Alltagsgeschichten von Videospielhändlern und andere Bücher von und für die „Generation Heimcomputer“ heraus. Sein bisher erfolgreiches Buch – „Extraleben“ – erscheint im Oktober auch als Hörbuch. Heiko Weckbrodt hat Coners ausgefragt, wie man zu so einem „Job“ kommt, ob man davon leben kann und was ihn als Verleger bewegt.

 

 

Wenn man auf deine Internetseite geht, kann man dort Heimcomputer-Belletristik, Bücher über die C64-Demoszene und Nerd-Zeugs wie „Out of Coffee Error“-Tassen kaufen. Was fasziniert dich so an der Oldtimer-Technik „Heimcomputer“?

Nerd-Tasse. Abb.: CSW

Nerd-Tasse. Abb.: CSW

Enno Coners: Als Computer in den 70ern und 80ern in unsere Kinderzimmer einzogen, schufen wir, die ersten Computerkids, eine Kultur des Experimentierens. Auf uns wirkten diese Maschinen, als wären sie direkt mit der „Enterprise“ aus den unendlichen Weiten des Universums zu uns gekommen. Ich habe mir ein wenig Sehnsucht nach dieser aufregenden Zeit bewahrt. Und genau diese Sehnsucht möchte ich mit den Publikationen im meinem Verlag wieder wecken. Nicht, um verklärt im Vergangenen zu schwelgen, sondern um diesen Pioniergeist erneut anzufachen. Damit aus verrückten Ideen wieder Produkte von morgen werden, die aus der grauen Einheitsmasse herausstechen.

Kann man von so einem doch sehr speziellen Verlagsprogramm leben?

Enno Coners: Der Verlag wächst sehr kontinuierlich. Ich kann die Familie davon ernähren.

Wie kam es überhaupt dazu?

Enno Coners: Nach der Schule habe eine Ausbildung  zum Koch und später zum Diätkoch absolviert. Mehr ein Resultat meiner Abenteuerlust als die Liebe zu diesem Beruf. Mir war bald klar, dass ich dies nicht mein Leben lang machen möchte. So habe ich Industriekaufmann gelernt und dann sieben Jahre bei Siemens als Projekt- und Contract-Manager gearbeitet.  Das war eine schöne Zeit mit abwechslungsreicher Arbeit und tollen Kollegen. Als dort rationalisiert wurde, habe ich die Chance ergriffen und um einen Aufhebungsvertrag gebeten. Die Anfindungssumme entsprach meinen Vorstellungen und diente als Startkapital.

Aber wie bist Du auf das Verlagsthema gekommen?

Enno Coners: Ich bin mit Heimcomputern und Videospielkonsolen groß geworden. Der erste C 64, mit dem ich gearbeitet habe, gehörte einem Freund in meinem Heimatdorf. 1996 gründete ich hobbymäßig ein Fanzine, also ein Fanmagazin, für C-64-Freunde. Als die Zeit bei Siemens zu Ende ging, habe das Hobby zum Beruf gemacht und all das in einem Verlag zusammengeführt, was mich interessierte: Videospiele, die Commodore-Demoszene, Cracker, Hacker… Das erste Buch, das der CSW-Verlag herausbrachte, war „Freax“ über die Demo-Szene – das Manuskript hatte mir ein Ungar per E-Mail angeboten.

Ist das der übliche Weg, um an Autoren zu kommen?

Wenn es einen Ausweg mehr gibt... Abb.: CSW-Verlag

Wenn es einen Ausweg mehr gibt... Abb.: CSW-Verlag

Enno Coners: Ich erhalte viele Textangebote. Einiges davon muss ich ablehnen: weil die Leute nur Ideen einsenden statt fertige Manuskripte, aber auch der Schreibstil ist oft ein Problem.

Nach welchen Kriterien wählst Du die Texte aus?

Enno Coners: Das Buch soll auf unterhaltsame Art Wissen vermitteln und Spaß machen. Der CSW-Verlag möchte nicht der 100. Computer-Sachbuchverlag sein.

Und wie bringst Du die Bücher unters Volk? Im normalen Buchladen hab ich die nie gesehen, aber zum Beispiel im Computerspielmuseum in Berlin…

Enno Coners: Meine erste Erfahrung als mein eigener Verlagsvertreter habe bei einer Stuttgart ansässigen Buchhandelskette gemacht. Dort wurde ich von einem älteren bärtigen Herren empfangen. Eine noch ältere Dame mit Lesebrille kam hinzu und ich durfte das Verlagsprogramm präsentieren.  Die Dame zog exemplarisch das Buch  „Wo sind die normalen Menschen?“ aus dem Stapel. (Das sind Anekdoten, die ein Videospielhändler aus seinem Geschäftsalltag aufgeschrieben hat.) Schaut sich das Cover an, bemustert mich über ihre Lesebrille hinweg und sagt: „Ich glaube nicht,  das es einen Menschen auf der Welt, den so etwas interessiert.“ Das war’s dann. Das Buch ist übrigens heute ausverkauft.

Daher vertreibe ich meine Bücher über die eigene Verlags-Website, über Computerspielmuseen, liefere auf  Direktbestellung zum Beispiel über Amazon und betreibe Social Marketing und organisiere Büchertische. Mittlerweile gibt es jedoch Buchhandlungen, die das Verlagsprogramm mögen und die Titel ständig in ihrem Sortiment führen.

Was war bisher dein erfolgreiches Buch?

Enno Coners: Der Verschwörungskrimi „Extraleben“ um zwei gealterte Heimcomputer-Fans ist ein Bestseller. Davon wurden bisher 7000 Exemplare produziert und verkauft.
Im Oktober erscheint „Extraleben“ auch als Hörbuch. Zudem gibt es bereits ernsthafte Anfragen von Filmproduzenten. Ich bleibe jedoch geduldig mit der Lizenzvergabe, weil ich von dessen Film-Konzept wirklich überzeugt sein möchte.

Warum vertreibst Du deine Bücher eigentlich nicht als eBooks? Das würde sich bei dem Thema doch irgendwie anbieten…

Enno Coners: Das wird kommen. Die Arbeit, die darin steckt, ist jedoch nicht unerheblich. Bei eBooks ist genau zu überlegen, ob es sich das rentiert. Die Abgaben an die Vertriebsportale  sind recht hoch und außerdem werden eBooks in Deutschland mit 19 Prozent besteuert und nicht mit sieben Prozent wie die gedruckten Büchern. Wenn ich mit eBooks starte, dann wohl nur im Direktverkauf über der eigenen  Internetseite.

Eine kleiner Hinweis noch zum Schluss: Als ich letztens die „Presse“-Rubrik auf deiner Netzseite anklicken wollte, kam nur eine Fehlermeldung…

Enno Coners: Ja, es wurde vor kurzer Zeit versucht, die Webseite durch einen Hacker-Angriff attackieren, da habe ich mögliche Schlupflöcher vom Netz genommen. Das Problem wird in den nächsten Tagen behoben.

Mehr Infos zum CSW-Verlag hier
 
Zum Weiterlesen:
 
Nerdkrimi „Extraleben“
Nerdkrimi II: „Der Bug“
Hacker-Manifest: „Copyright existiert nicht“
 
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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